Die Polizei und eine Bürgerin hatten eine Wasserschildkröte und eine Katze im Zentrum der Gemeinde Dettingen gefunden und beim Tierschutzverein abgegeben. Der Verein verlangt von der Gemeinde die Kostenerstattung für die vierwöchige Pflege der Tiere. Die Gemeinde lehnt ab.

Der Sachverhalt

Der Tierschutzverein hatte Ausgaben in Höhe von 392 Euro, um zwei Fundtiere, eine Wasserschildkröte und eine Katze, vier Wochen lang zu pflegen. Der Tierschutzverein als Kläger verlangte von der beklagten Gemeinde als Trägerin der Fundbehörde, die Kosten für die vierwöchige Pflege der Tiere zu erstatten.

Die Gemeinde lehnte das ab. Das Verwaltungsgericht Stuttgart (VG) gab der Zahlungsklage des Tierschutzvereins statt. Der 1. Senat des Verwaltungsgerichthofs Baden-Württemberg (VGH) bestätigte mit Beschluss vom 27. März 2015 diese Entscheidung und lehnte den Antrag der Gemeinde, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, ab.

Die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg

Wie mit Fundtieren umzugehen ist, ist in Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Wer ein Tier findet, das der Eigentümer verloren hat, hat dies dem Eigentümer anzuzeigen. Weiß der Finder nicht, wer Eigentümer ist, hat er den Fund des Tieres der Fundbehörde mitzuteilen. Fundbehörden sind in Baden-Württemberg die Gemeinden. Der Finder ist verpflichtet, das Tier zu verwahren, kann es aber auch bei der Fundbehörde abliefern. Er ist berechtigt, vom Eigentümer Ersatz der notwendigen Aufwendungen zu verlangen, die er für Pflege und Ernährung des Tieres hat. Die Vorschriften des BGB über den Fund verloren gegangener Tiere gelten jedoch nicht, wenn der Eigentümer des Tieres sein Eigentum am Tier aufgegeben hat (herrenloses Tier). Für Pflege und Ernährung gefundener herrenloser Tiere besteht kein Kostenersatzanspruch.

Hinweise durch die Ministerien

Da häufig schwer feststellbar ist, ob das aufgefundene Tier dem Eigentümer verloren gegangen oder ob es herrenlos ist, haben das Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg und das Innenministerium Baden-Württemberg Hinweise zur Behandlung solcher Tiere veröffentlicht. Darin heißt es, bei Auffinden eines Tieres sei in aller Regel davon auszugehen, dass es sich um ein Fundtier handele, da es nach dem Tierschutzgesetz verboten sei, ein Tier auszusetzen oder zurückzulassen. In der Regel - so die ministeriellen Hinweise - könne, sofern sich der Eigentümer eines Tieres nicht spätestens nach vier Wochen gemeldet habe, angenommen werden, dass er die Suche nach seinem Tier aufgegeben habe und das Tier herrenlos sei bzw. herrenlos geworden sei.

Erstattung der Pflegekosten

Im entschiedenen Fall hatte der Tierschutzverein der Beklagten schriftlich angezeigt, dass eine Wasserschildkröte und eine Katze bei ihm abgegeben worden seien. Die Beklagte antwortete, die Katze sei herrenlos, da sie weder einen Chip noch eine Tätowierung aufweise, die Wasserschildkröte sei als herrenlos anzusehen, wenn sich ihr Eigentümer nicht innerhalb von vier Wochen melde. Diesen und weitere Umstände sah der VGH - wie das VG - als entscheidend an und sprach dem Kläger daher den Anspruch auf Erstattung der Pflegekosten zu.

Der Kläger habe aufgrund der Antwort der Beklagten davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte die Hinweise der Ministerien als maßgeblich ansehe. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich von vornherein um herrenlose Tiere gehandelt habe. Der gute Allgemein- und Ernährungszustand der Schildkröte und der Fundort beider Tiere im Ortszentrum sprächen jeweils auch dafür, dass sie nicht herrenlos gewesen seien.

Gericht:
Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2015 - 1 S 570/14
Das Urteil des VG ist damit rechtskräftig.

VGH Baden-Württemberg
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