Die Darlegung in den Urteilsgründen, der Täter habe das Diebesgut "entwendet", reicht ohne den Entwendungsvorgang näher zu beschreiben nicht aus, eine Wegnahme des Gegenstandes festzustellen und die Verurteilung wegen (vollendeten) Diebstahls zu rechtfertigen.

Der Sachverhalt

Das Amtsgericht Chemnitz verurteilte den Angeklagten wegen Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Den Urteilsgründen zufolge hat er am 30. Januar 2014 vor und gegen 15:20 Uhr aus drei verschiedenen Bekleidungsgeschäften und Kaufhäusern in Chemnitz zwei Jacken, zwei T-Shirts sowie ein Paar Schuhe "entwendet".

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden

Schon der Schuldspruch wird hinsichtlich aller drei Taten nicht von tatsächlichen Feststellungen getragen. Die Urteilsgründe leiden insoweit an einem durchgreifenden Darstellungsmangel, weil sie - wie schon die Anklageschrift - keinerlei Feststellungen zur Wegnahmehandlung enthalten. Den Darlegungen im angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, ob die Diebstahlshandlungen jeweils vollendet wurden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Angeklagte ausweislich der Urteilsgründe in vollem Umfang geständig war.

Tatbestandsmerkmal der Wegnahme im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB nicht belegt

Es wird lediglich mitgeteilt, dass er die Waren "entwendet" habe, um sie ohne Bezahlung für sich zu behalten. Der tatsächliche "Entwendungs"vorgang wird allerdings nicht geschildert. Damit aber ist das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB nicht belegt. Wegnahme bedeutet Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams. Die rudimentären Urteilsgründe lassen diesbezüglich nicht die Beurteilung zu, ob der bisherige Gewahrsam des Berechtigten aufgehoben worden oder ob es lediglich zu einer bloßen Gewahrsamslockerung gekommen war.

Vollendung des Diebstahls

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die zur Vollendung des Diebstahls führende Wegnahme dann vollzogen, wenn fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Entscheidend für die Frage des Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft ist, dass der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben kann (BGHSt, 16, 271 ff. [273]; BGH, NStZ 2008, 624 [625]) und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu brechen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens (BGHSt, 23, 254 [255]).

Zwar würde (bei Sachen geringen Umfangs) bereits das Einstecken in die Tasche oder das Verbergen der Beute (Bilden einer sog. Gewahrsamsenklave; vgl. BGHSt 16, 271 ff.) für die Vollendung der Wegnahme genügen (BGH NStZ-RR 2013, 276; Fischer StGB 62. Aufl. § 242 Rdnr. 18). Ferner könnte u.U. bei kleinen, leicht beweglichen Gegenständen auch schon das Ergreifen und Festhalten genügen (Fischer a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss vom 06.05.2013 - III-5 RVs 38/13 [bei juris]). Auch wäre der Diebstahlstatbestand - auch bei größeren Sachen, wie vorliegend Jacken und Schuhe - zweifelsfrei dann vollendet gewesen, wenn der Angeklagte mit den Gegenständen die Geschäftsräume verlassen hätte (BGHR StGB § 242 I Wegnahme 1; BGH, NStZ 2008, 624 [625]).  Ob dies der Fall war, stellt das Urteil aber gerade nicht fest, so das OLG Dresden.

Gericht:
Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 12.03.2015 - 2 OLG 22 Ss 14/15

OLG Dresden
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