Viele kennen es - man möchte das Versandhandelsunternehmen anrufen, um eine falsche Rechnung zu reklamieren und findet nur eine kostenpflichtige Servicenummer. Sind solche Nummern für die Kontaktaufnahme zum Kundenservice überhaupt zulässig?

Diese Frage stellt sich derzeit auch die Wettberwerbszentrale und führt deshalb zwei Musterverfahren gegen große Versandhandelsunternehmen. Die Unternehmen haben in ihrer Widerrufsbelehrung bzw. bei der Kontaktaufnahme zum Kundenservice kostenpflichtige Rufnummern eingearbeitet. Der Kunde muss also eine 01805er-Rufnummer wählen, bei der 0,14 Cent pro Minute bei einem Anruf aus dem deutschen Festnetz und bis zu 0,42 Cent pro Minute bei einem Anruf aus dem Mobilfunknetz berechnet werden.

Die Wettbewerbszentrale sieht diese Vorgehensweise als unzulässig an. Nach § 312 a Abs. 5 BGB, mit dem Artikel 21 der Verbraucherrechterichtlinie umgesetzt wurde, dürfen Unternehmer keine Telefonnummern für die Kontaktaufnahme zu Fragen oder Erklärungen im Zusammenhang mit bestehenden Verträgen bereithalten, die das Entgelt für die bloße Benutzung des Telekommunikationsdienstes übersteigen. Bei einer europarechtskonformen Auslegung des § 312 a Abs. 5 BGB darf der Verbraucher nicht dazu verpflichtet werden, für die telefonische Kontaktaufnahme mehr als den Grundtarif zu zahlen.

In der Gesetzesbegründung der Bundesregierung aber sieht der Gesetzgeber bestimmte Rufnummernbereiche für zulässig an, u. a. auch Service-Dienste wie 01805er-Nummern. Entscheidend für Zulässigkeit oder Unzulässigkeit sei alleine die Frage, ob der Unternehmer selbst Gewinne erzielt oder nicht.

Der Begriff Grundtarif ist in der Verbraucherrechterichtlinie nicht definiert. Sinn und Zweck des Artikel 21 VRRL ist es aber, den Verbraucher vor zusätzlichen Gebühren zu schützen. Die Verbraucherrechterichtlinie zielt also nicht primär darauf ab, dass der Unternehmer keine Einnahmen aus dem Betrieb der Kundenhotline zieht, sondern darauf, dass der Verbraucher durch die Anrufe nicht finanziell belastet wird.

Die Wettbewerbszentrale klärt diese für die Unternehmen wichtige Rechtsfrage momentan in zwei Verfahren (LG Hamburg, Az. 312 O 21/15 und LG Stuttgart, Az. noch nicht bekannt).

Quelle: Wettbewerbszentrale
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:

Das LSG in Stuttgart hat durch Urteil (L 11 R 3323/12) die Tätigkeit einer 59-jährigen Mitarbeiterin einer Erotik-Hotline als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung qualifiziert. Der Betreiber der Hotline, der die Frau als "freie Mitarbeiterin" beschäftigt hatte, unterlag auch in zweiter Instanz. Urteil lesen

Ein deutsches Unternehmen für Elektro- und Elektronikartikel weist auf seiner Website auf einen telefonischen Kundendienst hin, dessen Telefonnummer eine sogenannte 0180-Nummer ist. Die Kosten für einen Anruf sind höher als die Kosten, die dem Verbraucher zu einer gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilfunknummer entstehen würden. Urteil lesen

Die Kundin eines Mobilfunkunternehmens entdeckte auf ihrer Handyrechnung die Forderung eines Drittanbieters. Da sie die Leistungen des Drittanbieters nie genutzt hatte, reklamierte die Kundin dies beim Mobilfunkanbieter. Dieser bestand auf Bezahlung der Forderung. Für eine Gutschrift müsse sie sich an den entsprechenden Drittanbieter wenden. Urteil lesen

Mindestens 785.000 Mobiltelefonnummern wurden mittels Computer so kurz angewählt, dass die Angerufenen keine Möglichkeit hatten, das Gespräch anzunehmen. Zahlreiche Angerufene riefen die Nummer zurück, ohne zu wissen, dass es sich um eine teure Mehrwertdienstnummer handelte. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de