Während der Verhandlung zeigte der Sachverständige auf die Ausführungen des Rechtsanwalts den Vogel, indem er kurz mit dem Zeigefinger an die Schläfe tippte. Begründet dies die Besorgnis der Befangenheit und dass der Sachverständige für die Erstattung seines Sachverständigengutachtens keine Vergütung erhält?

Der Sachverhalt

Der Sachverständige hat während der Verhandlung auf die Ausführungen des Rechtsanwalts kurz mit dem Zeigefinger an die Schläfe getippt und den Vogel gezeigt. Damit habe der Sachverständige durch die darin liegende Kränkung des Rechtsanwalts der Klägerin grob pflichtwidrig Anlass gegeben, an seiner Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit zu zweifeln.

Entscheidung der Vorinstanz: Besorgnis der Befangenheit

Grob fahrlässiges Handeln liegt dann vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Auflage 2014, § 277 BGB, Rdnr. 5 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat das Landgericht zu Recht eine grobe Fahrlässigkeit auf Seiten der Sachverständigen bejaht. Das Landgericht hat die in Rede stehende Geste als besonders schwerwiegendes Außerachtlassen der von einem Sachverständigen zu erwartenden Sorgfalt eingestuft. Es muss jedem gerichtlichen Sachverständigen unmittelbar einleuchten, dass die Grenzen dessen, was eine Partei als gerade noch angemessen hinnehmen muss, hier klar überschritten sind.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (8 W 388/13)

Die Beschwerde des Sachverständigen blieb ohne Erfolg. Zu Recht hat durch Beschluss vom 05.11.2013 die 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart den Antrag des Klägers, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, für begründet erklärt und entschieden, dass der Sachverständige für die Erstattung seines Sachverständigengutachtens keine Vergütung erhält und bereits ausbezahlte Beträge zurückzuerstatten sind.

Der Sachverständige versuchte wie in erster Instanz, sein Verhalten als Reflex auf die aus seiner Sicht unberechtigte Kritik der Klägerseite zu erklären. Dies ändere jedoch nichts an der vorstehenden Bewertung der in Rede stehenden Geste, so das Oberlandesgericht Stuttgart.

Gericht:
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 30.07.2014 - 8 W 388/13

OLG Stuttgart
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