Eine Ballettstange sei kein Barhocker, so das AG München in seinem Urteil (281 C 11625/13). Deshalb besteht bei unsachgemäßer Nutzung einer Ballettstange und einer dadurch verursachten Verletzung kein Anspruch auf Schmerzensgeld gegen den Verein.

Der Sachverhalt

Der 75-jährige Mann ist Mitglied in einem Münchner Sportverein. Um fit zu bleiben, buchte der 125 Kilogramm schwere Mann einen Ballettkurs für Senioren bei seinem Verein. Im Reha-Raum des Vereins benutzte er die dortige Ballettstange.

Diese Stange besteht aus Profilschienen, die fest an der Wand befestigt und ausdrücklich für die Verwendung im Bereich Ballett, Rehabilitation und Gymnastik geeignet sind. Die Halterungen der Stange sind stufenlos in der Höhe verstellbar. Um diese einzustellen, muss eine Drehkopfschraube gelockert und bei richtiger Höhe wieder angezogen werden. Hierfür ist kein besonderes Werkzeug erforderlich.

Der Kläger stellte die Ballettstange für sich selbst ein. Er gibt an, die Schraube richtig und fest verschraubt zu haben. Er sei auf dem linken Fuß seitlich zur Stange gestanden. Sein gesamtes rechtes Bein sei auf der Ballettstange gelegen. Die rechte Gesäßhälfte sei teilweise auf der Ballettstange gewesen, als die Ballettstange plötzlich unter ihm nachgab und etwa 50 Zentimeter bis auf Kniehöhe nach unten gerutscht sei. Er sei in diesem Moment in sein linkes Knie zusammengesackt und habe sogleich Schmerzen im Knie verspürt. Es wurde eine Knochenkontusion am Tibiakopf links und eine Innenmeniskusläsion festgestellt.

Der Kläger verlangt nun von seinem Verein Schmerzensgeld. Er ist der Meinung, dass das Gerät defekt war und im Übrigen der Verein dafür Sorge tragen muss, dass kein Bedienungsfehler entstehen kann.

Das Urteil des Amtsgerichts München (Az. 281 C 11625/13)

Die Richterin wies seine Klage auf Schmerzensgeld zurück. Derjenige, der sich selbst verletzt, könne einen anderen wegen dessen Mitwirkung nur dann in Anspruch nehmen, wenn dieser einen zusätzlichen Gefahrenkreis für die Schädigung geschaffen hat. Derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage für andere schafft, hat Rücksicht auf diese Gefährdung zu nehmen und deshalb die allgemeine Pflicht, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um die Schädigung anderer zu verhindern.

Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Der Verkehrssicherungspflichtige, also der Verein, müsse deshalb nicht für alle denkbaren Möglichkeiten des Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es würden diejenigen Vorkehrungen genügen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Das sind Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schaden zu bewahren.

Eine Ballettstange sei kein Barhocker

Danach sei der Verein verpflichtet gewesen, eine Ballettstange zur Verfügung zu stellen, die für den für das Gerät vorgesehenen Gebrauch geeignet ist. Bei zweckentfremdeter Nutzung bestehe keine Verkehrssicherungspflicht. Eine Ballettstange werde jedoch jedenfalls dann zweckentfremdet benutzt, wenn sie von einem Kursteilnehmer mit einem Gewicht von 125 Kilogramm vergleichbar einem Barhocker genutzt werde.

Übungsleiterin habe nicht ihre Aufsichtspflicht verletzt

Die Übungsleiterin habe auch nicht ihre Aufsichtspflicht verletzt. Der Kläger sei erfahren gewesen und die Handhabung der Ballettstange sehr einfach. Unter diesen Umständen habe keine Pflicht der Übungsleiterin bestanden zu prüfen, ob die Schraube richtig angezogen war.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 30.08.2013 - 281 C 11625/13

AG München, PM
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