Nach Urteil des VG Freiburg stellt der Befall eines Wohnmobils mit Ungeziefer jedenfalls dann einen Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, wenn das Ungeziefer die Substanz der Sache angreift oder die Gefahr des vollständigen Verlusts der Gebrauchsfähigkeit besteht.

Der Sachverhalt

Wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert, hatte der Kläger ein Wohnmobil für 72.500 Euro erworben. Bereits einen Tag nach der Übernahme stellte er Fehlermeldungen bei der Fahrzeugelektronik fest. Einen weiteren Tag später fand er Spuren von Rattenbefall. Nachdem der Verkäufer eine Frist zur Nachbesserung hatte verstreichen lassen, erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kauf und verlangte den Kaufpreis zurück.
Seine Klage war erfolgreich.

Die Entscheidung

Rattenbefall sei ein Sachmangel. Im vorliegenden Fall seien Teile der Fahrzeugelektronik angenagt worden. Damit drohe der Verlust der Gebrauchsfähigkeit des Wohnmobils.

Aus dem Urteil: [...] Beschaffenheit ist mit dem tatsächlichen Zustand der Sache gleichzusetzen. Sie umfasst jedenfalls auch diejenigen tatsächlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Bezüge, die ihren Grund im tatsächlichen Zustand der Sache selbst haben und ihr für eine gewisse Dauer anhaften (st. Rspr., z.B. BGH NJW 1992, 2564; Palandt/Weidenkaff, BGB 71. Auflage, § 434 Rn. 9-11). Sie kann auch konkludent vereinbart werden (Palandt ebd. Rn. 17). Der Befall mit Ungeziefer stellt jedenfalls dann einen solchen Sachmangel dar, wenn das Ungeziefer die Substanz der Sache angreift oder die Gefahr des vollständigen Verlusts der Gebrauchsfähigkeit besteht. Dies ist hier der Fall. Gerade wenn wichtige Teile der Fahrzeugelektronik oder Kabel angenagt werden, besteht die Gefahr, dass das Fahrzeug nicht weiterbenutzt werden kann. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten vorgelegten Entscheidung des OLG Stuttgart NJW-RR 1997, 754-756. Dort stützt das OLG seine Entscheidung gerade darauf, dass die Bausubstanz eines Gebäudes durch den Befall mit Schaben nicht angegriffen und die Gebrauchsfähigkeit nur in einem beschränkten Umfang und nicht auf Dauer beeinträchtigt war. Dass es sich vorliegend nicht bloß um eine solche unerhebliche Beeinträchtigung handelt, belegt schon der eigene Vortrag der Beklagten, demzufolge durch den Rattenbefall ein Wertverlust von 50.000 EUR eingetreten sein soll bei einem Kaufpreis von 72.500 EUR. [...]

Im Übrigen spreche die schnelle Entdeckung des Rattenbefalls dafür, dass dieser schon bei Übergabe des Wohnmobils vorgelegen habe. Das wird nach § 476 BGB vermutet. Die Beklagte hat zum ihr obliegenden Nachweis des Gegenteils keinen tauglichen Beweis angeboten.

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Gericht:
Landgericht Freiburg, Urteil vom 10.12.2012 - 6 O 277/12

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