Ist bei Ankunft eine vereiste Fläche sichtbar und bei Rückkehr zugeschneit, spricht dies dafür, dass man die Gefahrenstelle auch beim erneuten Passieren meistern kann. Die Stadt hatte die Räum- und Streupflicht auf dem Hallenbadparkplatz nicht verletzt.

Der Sachverhalt

Die Klägerin kam nach einem Hallenbadbesuch auf dem Parkplatz des Hallenbades unmittelbar im Heckbereich ihres Autos wegen einer Glatteisstelle zu Fall. Dabei brach sie sich das rechte Handgelenk. Für Hin- und Rückweg zum Hallenbad hatte sie einen Weg über verschiedene Parkflächen genutzt. Die Parkflächen waren zuletzt fünf Tage vor dem Unfall geräumt und mit abstufenden Mitteln gestreut worden. Daneben gab es einen Verbindungsweg vom Parkplatz zur Schwimmhalle der letztmalig am Unfalltag geräumt und gestreut worden war.

Die Klägerin gab an, aufgrund leichten Schneefalls am Unfalltag die Glatteisfläche nicht gesehen zu haben. Sie meinte, dass die Stadt gegen ihre Räum- und Streupflicht auf dem Parkplatz verstoßen hatte. Daher wollte die Hallenbadbesucherin 2.500,00 Euro Schmerzensgeld.

Die beklagte Stadt wandte ein, dass der Klägerin bei ihrer Ankunft auf dem Parkplatz die Glatteisfläche hätte auffallen müssen. Sie hätte sich auf dem Rückweg zu ihrem Fahrzeug darauf einstellen können. Auch meinte die Stadt, der Parkplatz sei eine Verkehrsfläche von nur untergeordneter Verkehrsbedeutung. Mit nur wenigen Schritten hätte der am Unfalltag geräumte und gestreute Weg zur Schwimmhalle erreicht werden können.

Die Entscheidung

Das Landgericht Coburg wies die Klage ab, da es eine Verletzung der Räum- und Streupflicht durch die Stadt nicht feststellen konnte. Grundsätzlich richtet sich die Räum- und Streupflicht einer Stadt nach Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges. Es kommt dabei auch auf die Leistungsfähigkeit der Stadt an.

Geräumter Gehweg war in wenigen Schritten zu erreichen

Grundsätzlich müssen im Winter sämtliche am Verkehr Beteiligten sich den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen. Für den Bereich der öffentlichen Parkplätze bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dies, dass die von Kraftfahrzeugen befahrenen Teile im Interesse der Fahrzeugführer nur gestreut werden müssen, wenn die Fahrzeugbenutzer diese Flächen nicht nur für wenige Schritte als Fußgänger betreten müssen und es sich um einen belebten Parkplatz handelt.

Das Gericht konnte offen lassen, ob es sich bei dem Hallenbadparkplatz um eine belebte Parkfläche handelt. Vorliegend war es nämlich so, dass unmittelbar neben der Parkplatzfläche ein geräumter und gestreuter Gehweg vorhanden war, der zum Hallenbad führte. Diesen konnte man mit nur wenigen Schritten erreichen. Daher war es nicht notwendig, den Weg über Parkplatzflächen zum Hallenbad zu wählen.

Hallenbadparkplatz - untergeordnete Verkehrsfläche

Zudem stellte das Gericht fest, dass die Klägerin, als sie auf dem Parkplatz ankam, in der Lage war die Gefahrenstelle ohne Unfall zu umgehen. Selbst falls es während des Schwimmbadbesuchs leicht zu schneien begonnen haben sollte, war die Stadt nicht verpflichtet innerhalb dieser Zeitspanne den Parkplatz zu räumen und zu streuen. Denn im Verhältnis zu den Straßen handelt es sich bei dem Hallenbadparkplatz um eine untergeordnete Verkehrsfläche. Daher war nach Auffassung des Gerichts die beklagte Stadt für den Sturz der Klägerin nicht verantwortlich. Die Klage wurde abgewiesen.

Fazit:

Wenn man eine Gefahrenstelle kurz zuvor schon einmal überquert hat, spricht dies dafür, dass man sie auch beim erneuten Passieren meistern kann.

Gericht:
Landgericht Coburg, Urteil vom 11.05.2011 - 13 O 678/10 (rechtskräftig)

LG Coburg PM Nr. 484/11
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