Am frühen Morgen drang das SEK in die Wohnung einer Familie, in welcher sich der verdächtige Sohn befand. Wegen des Vorfalls sei die Familie zerbrochen und die Familie habe ein psychisches Traumata mit Krankheitswert erlitten. Die Schmerzensgeldklagen wurden jedoch abgewiesen.

Der Sachverhalt

Die klagende Familie hatte behauptet, sie hätten infolge der Durchsuchung psychische Traumata mit Krankheitswert erlitten und sich deshalb in – bei einigen von ihnen noch andauernde - nervenärztliche Behandlung begeben müssen. Teilweise wurde auch vorgetragen, die Familie sei durch den Vorfall zerfallen. Der Sohn gab an, er sei über mehrere Monate völlig verstört gewesen, habe geweint, um den Hund, der erschossen wurde, getrauert. Nachts sei er immer wieder aufgeschreckt.

Für das Vorgehen der Polizei habe kein Anlass bestanden. Deshalb sei Schmerzensgeld in Höhe von 25.000.- € (Vater D.), 10.000.- € (Mutter G.) und 4.000.- € (Sohn K.) gerechtfertigt.

Die Entscheidung

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Durchsuchung vom Oktober 2010 selbst und bei deren Durchführung der Einsatz einer Schrotflinte gegen den Hund der Familie sowohl rechtmäßig als auch verhältnismäßig gewesen sei.

Aufgrund dreier bis ins Detail übereinstimmender Zeugenaussagen sei der Sohn K. der Familie zureichend verdächtig gewesen, im Juni 2010 eine Schusswaffe mit sich geführt und damit andere Personen bedroht zu haben. Die Beamten hätten folglich damit rechnen müssen, dass der Sohn nach wie vor im Besitz dieser Schusswaffe ist. Zudem sei der Sohn bereits zuvor mehrfach wegen Gewalttätigkeiten und Aggressionen gegen Polizisten aufgefallen. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung sei deshalb im Raum gestanden, dass der Sohn erstens aggressiv gegen andere Personen, auch Polizeibeamte, vorgeht und zweitens nicht zögert, eine möglicherweise scharfe Schusswaffe auf andere Menschen zu richten. Die Polizei habe daher von einer erheblichen Eigengefährdung ausgehen müssen und sei deshalb berechtigt gewesen, zum eigenen Personenschutz mit größtmöglicher Sicherheit vorzugehen. Das überraschende Eindringen in die Wohnung in den frühen Morgenstunden und ohne vorheriges Läuten sei veranlasst gewesen, um den Betroffenen keine Zeit für eine zu befürchtende Gegenwehr zu lassen.

Für SEK unzumutbar, den Hund einzufangen und einen Angriff durch den Täter zu riskieren

Über den Hund der Familie sei bekannt gewesen, dass es sich um ein mittelgroßes Tier handelte, das jedenfalls zu früherer Zeit beim Eintreffen eines Polizeibeamten habe weggesperrt werden müssen. Auch insoweit sei den Polizeibeamten aufgrund der akuten Gefährdungslage nicht zuzumuten gewesen, zunächst den Hund einzufangen und dabei gleichzeitig einen Angriff durch einen Täter mit scharfer Schusswaffe zu riskieren. Der Einsatz der Schrotflinte gegen den Hund sei daher noch im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessensspielraums vertretbar gewesen. Eine Amtspflichtverletzung als Voraussetzung für etwaige Schmerzensgeldansprüche der Familie liege daher nicht vor.

Eines der drei Verfahren ist durch die heutige Entscheidung noch nicht abgeschlossen

Zwar war dem Familienvater (G.) bereits im Termin vom 14.07.2011 durch Zwischenvergleich der Parteien ein Betrag von 2000.- € an materiellem Schadensersatz zugesprochen worden. Er behauptet aber, darüber hinaus seit dem Vorfall arbeitsunfähig erkrankt zu sein und begehrt Ersatz von Verdienstausfall. Hinsichtlich dieses Streitpunkts ist die Sache noch nicht entscheidungsreif. Insoweit wird durch das Gericht zu klären sein, ob G. durch die polizeiliche Maßnahme selbst verletzt wurde, diese Verletzung zu der von ihm behaupteten Arbeitsunfähigkeit geführt hat und letztlich ein Verdienstausfall aus einer behaupteten Tätigkeit als Handelsvertreter entstanden ist.

Gericht:
Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteile vom 11.08.2011 – 4 O 9039/10; 4 O 9068/10; 4 O 9069/10. Nicht rechtskräftig.

Quelle: LG Nürnberg-Fürth, Rechtsindex