Der Sachverhalt
Der Beklagte ist seit 1995 Mieter einer Wohnung im Raum Stuttgart. Der Vermieter forderte den Beklagten auf, ihm zum Zwecke der Besichtigung Zutritt zur Wohnung zu gewähren, um die Wohnung auf bauliche Mängel zu untersuchen.
Der Vermieter schlug mehrere Termine vor, doch der beklagte Mieter reagierte nicht. Auch die weiteren Schreiben und mündlichen Aufforderungen blieben ohne Reaktion. Es erfolgten Abmahnungen und zuletzt die ordentliche Kündigung.
Der klagende Vermieter ist der Ansicht, aufgrund § 15 des Mietvertrags stehe ihm ein periodisches Besichtigungsrecht zu. Die letzte Besichtigung sei vor rund 9 Jahren gewesen, so der Vermieter.
§ 15 Betreten der Mietsache durch den Vermieter:
1. Der Vermieter oder die von ihm Beauftragten dürfen die Mietsache zur Prüfung ihres Zustandes oder zum Ablesen von Messgeräten in angemessenen Abständen und nach rechtzeitiger Ankündigung während der üblichen Besuchszeiten betreten. Dies gilt ebenso für die Durchführung von Arbeiten gemäß § 14 Ziffer 1 und Ziffer 2. Auf eine persönliche Verhinderung des Mieters ist Rücksicht zu nehmen.
2. Will der Vermieter das Grundstück oder die Wohnung verkaufen oder ist der Mietvertrag gekündigt, so sind der Vermieter oder die von ihm Beauftragten auch zusammen mit Kauf- oder Mietinteressenten berechtigt, die Mietsache nach rechtzeitiger Ankündigung während der üblichen Besuchszeiten zu besichtigen.
Das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt
Nach neuester BGH-Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 08.06.2014, VIII ZR 289/13) steht dem Vermieter ein periodisches, etwa alle 1-2 Jahre zu gewährendes Recht, ohne besonderen Anlass den Zustand der Wohnung zu kontrollieren nicht zu.
Eine Vertragsklausel, die ein derartiges anlassloses Betretensrecht festschreibt, ist damit unwirksam, so dass sich ein Betretensrecht für den Vermieter und umgekehrt eine Duldungspflicht des Mieters vorliegend jedenfalls nicht aus § 15 des Mietvertrages ergeben kann.
Was ist ein konkreter Anlass
Ein derartiger besonderer Grund für eine Wohnungsbesichtigung kann beispielsweise dann vorliegen, wenn dem Vermieter Mängel angezeigt worden sind oder konkrete Gefahren für die Mietsache drohen oder auch, wenn sich aufgrund konkreter Umstände ein naheliegender Verdacht ergibt, dass der Mieter von der Mietsache einen vertragswidrigen Gebrauch macht oder seine Obhutspflichten vernachlässigt, so das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt in seinem Urteil (Az. 6 C 1267/14).
Ferner mag ein Betretensrecht dann zu bejahen sein, wenn Revisionen an technischen Einrichtungen oder die Ablesung der Verbrauchswerte an Messeinrichtungen vorzunehmen sind (Beckscher Onlinekommentar zum BGB, a. a. O. § 535 Randnr. 18).
Im Übrigen ist anerkannt, dass der Vermieter auch im Falle des Verkaufs oder der Neuvermietung der Mietsache ein Recht zur Wohnungsbesichtigung - sogar in Begleitung mit Kaufinteressenten - geltend machen kann. All diese einzelnen Gründe sind Ausfluss des Rechts des Vermieters, die zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Objekts erforderlichen Maßnahmen vornehmen und durchführen zu können.
Zeitablauf reicht nicht aus
Dass sich aus dem Recht des Vermieters zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Objektes als solchem, unabhängig von einem konkreten, spezifischen Anlass hingegen ein Besichtigungsrecht allein aufgrund eines - wie auch immer zu bemessenden - Zeitablaufs ergeben könnte, ergibt sich weder aus der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.06.2014, noch ließe sich ein derartiges allein an einem bestimmten Zeitablauf als Anlass festgemachtes Betretensrecht mit der Begründung des Bundesgerichtshofs in der genannten Entscheidung vereinbaren.
So enthalten auch sämtliche vom Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung zitierten Gerichtsurteile und Literaturstellen (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 04.06.2014, zitiert nach Juris, dort Randnr. 20) eben gerade nicht einen bloßen Zeitablauf seit einer letztmaligen Wohnungsbesichtigung sondern immer einen der oben genannten speziellen und besonderen Anlässe.
Gericht:
Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil vom 27.10.2014 - 6 C 1267/14
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