Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (Urteil, Az. 25 C 357/14) hat zwei Klägern türkischer Herkunft, die langjährige Mieter einer Wohnung in einem in Berlin-Kreuzberg gelegenen Mietshaus gewesen waren, eine Entschädigung von je 15.000,00 EUR wegen Verstoßes der Beklagten gegen das sog. "Diskriminierungsverbot" zugesprochen.

Der Sachverhalt

Nach dem Erwerb der Immobilie durch die Beklagte erhöhte diese zunächst allen Mietern gegenüber die Miete mit der Folge, dass viele von ihnen kündigten. Die Kläger, Mieter türkischer Herkunft, taten dies jedoch ebenso wenig wie einige andere Mietvertragsparteien deutscher, mitteleuropäischer und arabischer Herkunft.

Nachfolgend versandte die Beklagte ein weiteres Mieterhöhungsverlangen lediglich an die Kläger und zwei weitere Mietvertragsparteien arabischer bzw. türkischer Herkunft und nicht an alle verbliebenen Mieter, obwohl die Wohnungen in Größe, Ausstattung etc. teilweise vergleichbar waren.

Daraufhin kündigten die Kläger. In der Folge gewährte die Beklagte denjenigen Mietvertragsparteien, die gekündigt hatten, in unterschiedlichem Umfang erbetene Räumungsfristen und versagte eine solche den Klägern, deren neue Wohnung erst nach dem Ende ihres alten Mietvertrages bezugsfertig wurde.

Das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg (25 C 357/14)

Aufgrund der Gesamtheit der Umstände in dem Verhalten der Beklagten kam das Amtsgericht zu dem Schluss, dass die Beklagte gegen das Verbot der Benachteiligung wegen ethnischer Herkunft gemäß § 19 Abs. 2 AGG (Allgemeines Gleichheitsgesetz - AGG) verstoßen habe. Die Höhe der Entschädigung sei mit jeweils 15.000,00 EUR angemessen zu bewerten, da die Kläger sich gezwungen gesehen hätten, das Mietverhältnis zu beenden. Ferner habe die Beklagte trotz eines schriftlichen Hinweises auf ihr diskriminierendes Verhalten dieses ohne Einsicht fortgesetzt.

Aus dem Urteil (25 C 357/14)

Der sachliche Anwendungsbereich des AGG ist jedenfalls hinsichtlich der geltend gemachten Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft gemäß §§ 1, 19 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG eröffnet, ohne dass § 19 Abs. 1, 5 S.3 AGG zur Anwendung kommt. Die türkische Herkunft ist als nationaler Ursprung vom Begriff "ethnische Herkunft" Im Sinne des § 1 AGG umfasst (BT Drucksache 16/1780 S.31), ob der Anwendungsbereich auch bezüglich dem Diskriminierungsmerkmal "Religion" eröffnet ist, kann deswegen offen bleiben.

Gemäß § 21 Abs. 2 S. 3, Abs. 5 AGG kann ein Benachteiligter nach Verletzung eines Benachteiligungsverbots von dem Benachteiligenden eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, wenn dieser den Verstoß zu vertreten hat, der Benachteiligte den Anspruch innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend macht und Rechtfertigungsgründe nicht eingreifen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Indem die Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 15.04.2010 die Miete von zuvor 7,04 €/m² auf 9,52 €/m² erhöhte und weiterhin die am 28.10.2010 erbetene Räumungsfrist von einem Monat nicht gewährte, hat die Beklagte die Kläger unmittelbar in unzulässiger Weise benachteiligt, §§ 1,2 Nr.8, 19 Abs.2, 3 Abs. 1 AGG.

Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal "ethnische Herkunft" ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Herkunft anknüpft oder durch diese motiviert Ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Herkunft - das ausschließliche Motiv für das Handeln ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG Urt. v. 21.06.2012, Az.: 8 AZR 364/11 Rn. 32; BAGE 142, 158}. Die Herkunft muss mithin nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder "Triebfeder" des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkelt genügt (BAG Urt. v. 12.12.2013, Az.: 8 AZR 838/12, BeckRS 2014, 66001).

Gericht:
Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 19.12.2014 - 25 C 357/14

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