Unterschreibt der Mieter einen Aufhebungsvertrag vom Vermieter, in dem beschrieben wird, dass der bestehende Mietvertrag einvernehmlich aufgehoben wird, kann sich der Mieter nicht im Nachhinein auf seine fehlenden Sprachkenntnisse berufen.

Der Sachverhalt

Nachdem der Vermieter seine Wohnung rund 9 Jahre vermietet hatte, beabsichtigte dieser seine Wohnung zu verkaufen. Nach einigen Gesprächen mit der Mieterin unterzeichnete diese ein mit "Aufhebungsvertrag" überschriebenes Dokument. In diesem wurde vereinbart, dass der Mietvertrag einvernehmlich zum 30.06.2012 aufgehoben und die Wohnung zum genannten Zeitpunkt in vertragsgemäßem Zustand an den Vermieter zurückgegebn wird.

Wenige Monate zum Termin erklärte die Mieterin, dass sie nicht ausziehen wolle. Sie erklärte ferner, dass sie den Aufhebungsvertrag anfechte. Es kam zur Räumungsklage. Die Mieterin behauptete, dass sie mangels hinreichender Kenntnisse der deutschen Sprache den Inhalt des Aufhebungsvertrages nicht verstanden habe.

Die Entscheidung

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Wetzlar sei der Aufhebungsvertrag wirksam. Er sei durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien im Sinne der §§ 145 ff. BGB zustande gekommen.

Der Umstand, dass die Beklagte mangels hinreichender Kenntnisse der deutschen Sprache den Inhalt des Vertrages nicht verstanden habe, sei unerheblich. Denn wer ohne Kenntnis des Vertragsinhalts einen Vertrag unterzeichne, könne sich nicht im Nachhinein auf seine fehlenden Sprachkenntnisse berufen (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 70. A., § 119 BGB, Rz. 9).

Aus dem Urteil: [...] Denn der Beklagten war zuzumuten, sich über den Inhalt des ihr vorgelegten Vertragswerkes vor Unterschriftsleistung kundig zu machen. Es war für sie ihrem eigenen Vortrag zufolge erkennbar, dass sie eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung abgeben sollte. Wenn sie dies getan hat, ohne sich über den Inhalt der Erklärung im Klaren zu sein, trägt sie alleine das Risiko, dass sie einen für sie ungünstigen oder von ihr nicht gewollten Vertrag schließt und kann sich nicht darauf berufen, dass sie dabei einem Irrtum unterlegen war. [...]

Daher bestehe auch kein Anfechtungsgrund i. S. d. § 119 Abs. 1 BGB (Irrtumsanfechtung).

Gericht:
Amtsgericht Wetzlar, Urteil vom 23.10.2012 - 38 C 1078/12

AG Wetzlar
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