Ein Mieter war verpflichtet die Wohnung zu räumen, zog aber nicht aus. Daraufhin stellte der Vermieter die Stromzufuhr zur Wohnung ab. Zu Unrecht, so das Urteil des AG Münchens. Dies stelle bis zur endgültigen Räumung eine Besitzstörung dar.

Nach Urteil des Amtsgerichts München ist der Vermieter nicht berechtigt, die Stromversorgung zu unterbinden. Auch dann, wenn der Mieter das Mietobjekt nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht herausgibt. Es bestehen auch für den Zeitraum der Vorenthaltung des Mietobjekts gewisse Mindestpflichten für den Vermieter, so das Gericht. Dazu gehört die Bereitstellung der grundlegenden Versorgungsstandards.

Der Sachverhalt

Vermieter und Mieter einer Münchner Wohnung schlossen vor Gericht einen Räumungsvergleich. Danach war der Mieter verpflichtet, die Wohnung bis spätestens 30.6.12 zu räumen. Als er dies nicht tat, stellte der Vermieter die Stromzufuhr zur Wohnung ab.

Der Mieter wandte sich an das Amtsgericht München mit dem Antrag, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes dem Vermieter aufzugeben, die Stromversorgung wieder herzustellen. Die zuständige Richterin erließ am 05.07.2012 eine derartige einstweilige Verfügung. Dagegen wandte sich der Vermieter. Er sei im Recht. Schließlich sei der Mieter nicht wie vereinbart ausgezogen.

Das Urteil des Amtsgerichts München

Die zuständige Richterin hielt die einstweilige Verfügung jedoch aufrecht. Der Mieter habe einen Anspruch auf Wiederherstellung der Stromversorgung. Die Einstellung der Versorgungsleistungen vor der endgültigen Räumung des Mieters bei beendetem Mietverhältnis stelle eine Besitzstörung dar, deren Beseitigung der Mieter im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen könne.

Vermieter muss grundlegenden Versorgungsstandards aufrecht erhalten

Gebe der Mieter das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht heraus, so blieben für den Vermieter während der Zeit der Vorenthaltung gewisse Mindestverpflichtungen bestehen. Hierzu gehöre auch die Pflicht, die nach heutigen Lebensverhältnissen grundlegenden Versorgungsstandards jedenfalls für eine angemessene Zeit nach Vertragsbeendigung aufrechtzuerhalten. Die Stromversorgung gehöre zu diesem grundlegenden Versorgungsstandards.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 24.07.2012 - 473 C 16960/12

AG München, PM Nr. 05/13
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Rechtlicher Exkurs:
Besteht ein Räumungsanspruch, der nicht befolgt wird, muss dieser auf rechtstaatliche Art und Weise durchgesetzt werden (Z. B. durch einen Gerichtsvollzieher). Eine Selbstjustiz im Wege der "kalten Entmietung" durch Entzug der Stromversorgung ist nicht möglich.
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