Eine übertriebene Mängelbeschreibung ist nicht erforderlich. Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm und Schmutz reicht eine Beschreibung aus, aus der die Art der Beeinträchtigungen (z.B Partylärm, Musik etc.) und ungefähre Tageszeiten, Zeitdauer und Frequenz hervorgehen.

Der Sachverhalt


Die Mieter hatten die Miete um 20 Prozent gemindert, weil in ihrem Haus der Vermieter einen Teil der Wohnungen als Ferienwohnungen an Touristen vermietete. Die Mieter machten erhebliche Belästigungen durch Lärm und Schmutz geltend. So beschrieben sie, dass die überwiegend jungen Touristen in den Appartements vorfeierten und dann das Haus verließen, um spät nachts oder am frühen Morgen zurückzukehren. Viele der Touristen klingelten regelmäßig nachts und am Wochenende, drei- bis viermal am Tag. Die Müllcontainer seien oft überfüllt, der Müll sei im Treppenhaus und auf halber Kellertreppe abgestellt.

Mieter mindern Miete - Vermieter kündigt Mietverhältnis

Wegen des aufgelaufenen Mietrückstands kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis mit den beklagten Mietern fristlos, hilfsweise fristgemäß. Nach der Kündigung zahlten die Beklagten Mieter unter Vorbehalt einen Betrag von 3.704,68 €.

Mit ihrer Klage begehrt die Vermieterin Räumung der Wohnung. Im Wege der Widerklage verlangen die beklagten Mieter die Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten Betrags sowie die Feststellung, dass sie zur Mietminderung berechtigt sind. Das Amtsgericht hat die von den Mietern vorgenommene Minderung der Miete für angemessen gehalten und die Räumungsklage abgewiesen. Auf die Berufung der Vermieterin hat das Landgericht die beklagten Mieter zur Räumung der Wohnung verurteilt und die Widerklage abgewiesen.

Vorinstanz spricht Mietern Recht zur Mietminderung ab


Das Landgericht sprach den Mietern das Recht zur Mietminderung ab, sie hätten die Gebrauchsbeeinträchtigungen in ihrem Mietshaus nicht ausreichend dargelegt. Insbesondere hätten sie die Umstände in ihrer Wohnanlage mit einer „normalen Wohnung“ in einem großen Haus in einer zentralen Berliner Innenstadtlage darlegen müssen.

Die dagegen gerichtete Revision der beklagten Mieter hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegung eines Sachmangels (§ 536 BGB) in unvertretbarer Weise überspannt hat.

Die Entscheidung

Zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, dass eine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs nicht schon darin liegt, dass die Klägerin Wohnungen an Feriengäste und Touristen vermietet. Denn dies führt nicht zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der übrigen Mieter, die über das Maß von Störungen hinausgeht, die bei einer Wohnnutzung typischerweise zu erwarten und in einer Wohnanlage mit vielen Parteien kaum zu vermeiden sind. In einem Mehrfamilienhaus sind etwa gelegentlich auftretende Beeinträchtigungen wie einzelne Streitigkeiten von Bewohnern oder gelegentliches Feiern als sozialadäquat hinzunehmen.

Anforderungen an die Darlegung eines Sachmangels waren überspannt

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gehen aber die Einwirkungen, die nach der Darstellung der Beklagten durch die Vermietungspraxis der Klägerin verursacht werden, über derartige kaum zu vermeidende Beeinträchtigungen weit hinaus. Das Berufungsgericht hat insoweit die Anforderungen an die vom Mieter geforderte Darlegung der Beeinträchtigungen verkannt. Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, muss der Mieter nur einen konkreten Sachmangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt, vortragen. Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht anzugeben.

Protokoll ist nicht notwendig

Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schmutz ist deshalb die Vorlage eines "Protokolls" nicht erforderlich. Vielmehr genügt grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beklagten gerecht.

Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden, damit dieses Feststellungen zu den geltend gemachten Beeinträchtigungen trifft.

Die Meinung des Deutschen Mieterbundes

Das Urteil ist richtig. Wir begrüßen die Klarstellung des Bundesgerichtshofs, dass die Vermietung einer Mietwohnung an Touristen nicht automatisch ein Wohnungsmangel ist, dass bei konkreten Wohnwertbeeinträchtigungen die Nachbarn aber natürlich die Miete kürzen können“, kommentierte der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, die heutige Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH VIII ZR 155/11). „Wichtig ist, dass die Karlsruher Richter nicht an den überspannten Anforderungen beispielsweise der Vorinstanz festhalten und nicht eine übertrieben detaillierte Mängelbeschreibung fordern.“

Gericht:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.02.2012 –-VIII ZR 155/11

Vorinstanz:

AG Mitte - Urteil vom 7. April 2010 - 15 C 63/09
LG Berlin - Urteil vom 28. Januar 2011 - 63 S 240/10

Rechtsindex, DMB, BGH