Der Sohn der Mieterin hängte eine Piratenflagge an das Fenster seines Zimmers und bekam Ärger. Nicht mit seinen Eltern, sondern mit dem Vermieter, weil nach dessen Meinung das Anwesen verunstaltet werde und Mietinteressenten abgeschreckt werden könnten. Recht bekam er allerdings nicht.

Der Sachverhalt

Das Gericht hatte bei seiner Entscheidung die Frage zu prüfen, ob die als Sichtschutz in einem Fenster aufgehängte Piratenfahne das Anwesen verunstaltet und für den Vermieter unzumutbar ist, insbesondere auch deswegen, weil potentielle Mietinteressenten abgeschreckt werden könnten. Dem war das Interesse des Mieters an der selbstbestimmten Nutzung seines unmittelbaren und engsten Lebensraumes gegenüber zu stellen. Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz hat mit Urteil vom 21. Oktober 2011 das Urteil des Amtsgerichts Chemnitz vom 20. Dezember 2010 abgeändert und die Klage abgewiesen. Damit hatte die Berufung der Mieter Erfolg.

Die Entscheidung

Im Rahmen der Beweisaufnahme ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die streitgegenständliche Fahne in der Fassade zwar deutlich hervortritt, ebenso deutlich aber auch als Kinderpiratenflagge - grinsender Schädel mit Augenklappe - erkennbar ist. Hieraus folgerte das Berufungsgericht, dass das Aufhängen einer derartigen Fahne das Gebrauchsrecht des Mieters noch nicht überschreitet und der sozialübliche Rahmen nicht gesprengt ist. Bei einer Kinderpiratenfahne, die keinen aggressiven Eindruck vermittelt, ist der Rückschluss auf andere Hintergründe für das Aufhängen nicht zu ziehen. Die von der Wohnungseigentümerin hergestellten Verbindungen zu "NS-Zeichen oder Hardcore-Fans von Sankt Pauli" seien deshalb ausgeschlossen. Es ergab sich deshalb für das Gericht auch keine unzumutbare Einschränkung der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten des Vermieters.

Das Urteil schließt mit dem Hinweis, dass es sich um eine auf den konkreten Fall bezogene Entscheidung handelt, die das Dekorieren eines Fensters mit einer Kinderpiratenfahne betrifft. Gegenstand des Urteils war nicht die Frage nach der Befugnis, sämtliche Fenster einer Wohnung mit derartigen Fahnen auszustatten. Auch zu einer generellen Verwendung von Totenkopffahnen anderen Erscheinungsbildes nimmt das Urteil - wegen seines Charakters als Einzelfallentscheidung - keine Stellung.

Die Revision wurde nicht zugelassen.
Das Urteil ist rechtskräftig

Gericht:
Landgericht Chemnitz, Urteil vom 21. Oktober 2011

LG Chemnitz
Redaktion Rechtsindex