Man muss nur richtig lüften - Diese Aussage vieler Vermieter trifft nicht mehr zu, wenn die Schimmelbildung nur durch ständiges Lüften vermieden werden kann. Eine Minderung ist gerechtfertigt, im vorliegenden Fall sogar bis zu 100 Prozent.

Der Sachverhalt

Eine 5-köpfige Familie mietete eine Wohnung in München. Kurz nach dem Einzug in die Wohnung begann sich in allen Räumen Schimmel zu bilden. Nachdem sich der Schimmel in allen Schlafzimmern, der Küche und dem Wohnzimmer teilweise vom Fußboden gemessen bis zu einer Höhe von 80 cm und mehr ausgebreitet hatte, forderte die Mieterin die Vermieterin auf, den Schimmelbefall begutachten zu lassen.

Die Vermieterin führte jedoch lediglich eine Feuchtigkeitsmessung durch und händigte der Mieterin die Broschüre "Richtiges Heizen und Lüften" aus.Da das Anwesen nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet wurde, könne die Schimmelbildung nur an der mangelhaften Lüftung durch die Mieterin liegen.

Die Mieterin erhob Klage beim Amtsgericht München und forderte die Schimmelbeseitigung. Darüber hinaus wollte sie festgestellt wissen, dass sie ihre Miete um 100 Prozent mindern könne. Schließlich bestehe eine erhebliche Gesundheitsgefährdung und alle würden bereits unter Erkrankungen des Bronchialsystems leiden.

Die Entscheidung

Der zuständige Richter beim Amtsgericht München gab der Klage in vollem Umfang recht: Der vom Gericht herangezogene Sachverständige stellte fest, dass selbst durch das während der Begutachtung erfolgte intensive Lüften mit langen Lüftungsintervallen dieses nicht geeignet war, die in den Räumen vorhandene Feuchtigkeit dauerhaft zu beseitigen. Die ermittelten Werte lagen auch nur während des Lüftens in einem Bereich, in dem es nicht zu einer Schimmelbildung kommen kann. Dies bedeute praktisch, dass nur bei immerwährendem Lüften kein Schimmel entstehen würde.

Dauerhaftes Lüften ist unzumutbar

Ständiges, durchgehendes Lüften sei der Mieterin - so der Richter - jedoch nicht zumutbar. Es widerspräche eklatant den an eine normale Wohnnutzung zu stellenden Anforderungen. Das für eine Wohnnutzung erforderliche Lüftungsverhalten dürfe nicht so weit gehen, dass dadurch die Nutzung der Wohnung und das Lebensverhalten der Mieterin eingeschränkt werden. Insbesondere müsse es der Mieterin auch möglich sein, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, bei der sie tagsüber nicht in der Wohnung sei und folglich nicht lüften könne. Das erforderliche Lüften müsse daher auch in den Morgen- und Abendstunden durchführbar sein.

Darüber hinaus könne es auch nicht angehen, dass ein Mieter gezwungen werde, bei geöffnetem Fenster zu schlafen. Als wesentlichen Bereich des persönlichen Lebens und der Ruhe müsse es der freien Entscheidung der Mieterin offen stehen, ob sie bei offenem oder geschlossenen Fenster schlafe. Dies gelte insbesondere auch bei niedrigen Außentemperaturen.

Mietminderung ist begründet

Auch die Mietminderung sei begründet. Es bestünde eine konkrete Gesundheitsgefährdung auf Grund des großflächigen, massiven Schimmelbefalls. Die intensive Pilzbesiedlung und das extrem hohe Aufkommen von Milben mache eine Nutzung der Wohnung unmöglich.

Gericht:

AG München, Urteil vom vom 11.6.2010, AZ 412 C 11503/09 (rechtskräftig)

Querverweise:
Weitere Urteile zu Schimmel

Rechtsindex, AG München
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