Schadensersatz - Das Oberlandesgericht Koblenz hat die Auffassung des Landgerichts Koblenz bestätigt, dass ein Käufer, der bei einer vom Verkäufer nach kurzer Zeit abgebrochenen Internetauktion ein hochwertiges Fahrzeug für 5,50 Euro ersteigert, das Fahrzeug jedoch nicht erhält, vom Verkäufer nicht ohne Weiteres Schadensersatz verlangen kann.

Der Fall:

Diesem Anspruch kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.Der Beklagte aus Koblenz bot am 12. August 2008 über das Internet-Auktionshaus eBay einen am 16. April 2007 erstmals zugelassenen Porsche 911/997 Carrera 2 S Coupé, der einen Neuwert von mehr als 105.000,- Euro hatte, zu einem Mindestgebot von 1,- Euro zur Versteigerung an. Nach wenigen Minuten beendete der Beklagte, dem nach seinem Vorbringen bei der Einstellung des Angebots im Internet ein Fehler unterlaufen war, die Auktion vorzeitig. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger, ein Mann aus dem Raum Tübingen, ein Kaufangebot in Höhe von 5,50 Euro für das Fahrzeug abgegeben.

Der Beklagte lehnte den Vollzug des Kaufvertrags zum Preis von 5,50 Euro ab und veräußerte das Fahrzeug anderweitig zu einem Preis von 73.450 Euro. Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 75.000,- Euro nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangt; er hat den Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Auktion auf mindestens 75.005,50 Euro beziffert. Das Landgericht Koblenz hat die Klage durch Urteil vom 18. März 2009 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung des Urteils hat die Kammer ausgeführt, zwar sei der Beklagte dem Kläger grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet, weil er die Erfüllung des Kaufvertrags verweigert habe. Der Schadensersatzanspruch sei jedoch nicht durchsetzbar, weil ihm der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenstehe (§ 242 BGB).

Pressemitteilung des Landgericht: Ebay: Porsche 911 für 5 Euro ?

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung zum Oberlandesgericht Koblenz eingelegt. Der zuständige 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat den Kläger durch Beschluss vom 3. Juni 2009 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Daraufhin hat der Kläger seine Berufung zurückgenommen. Das Urteil des Landgerichts Koblenz ist damit rechtskräftig.

Die Entscheidung des Oberlandesgericht:

Der 5. Zivilsenat hat in seinem Beschluss die Auffassung des Landgerichts bestätigt, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein Kaufvertrag zustande gekommen ist und der Beklagte dadurch, dass er die Erfüllung des Kaufvertrags verweigert hat, dem Kläger grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet ist. Jedoch sei das Bestehen des Klägers auf der Durchführung des Vertrages und die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches im konkreten Einzelfall rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Wie der Senat ausgeführt hat, muss die Annahme eines Rechtsmissbrauchs aus Gründen der Rechtssicherheit auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor.

Der Beklagte habe die Auktion bereits nach einem kurzen Zeitraum abgebrochen.


Eine willkürliche Vorgehensweise des Beklagten bei einem gleichzeitig besonderen Schutzbedürfnis des Klägers sei nicht zu erkennen. Es sei auch nicht erkennbar, dass dem Beklagten ein Abbruch der Auktion möglich gewesen wäre, noch bevor ein Angebot abgegeben worden sei. Der Kaufpreis von 5,50 EUR bei einem vom Kläger selbst angegebenen Wert des Fahrzeuges von zumindest 75.005,50 EUR bewege sich nicht mehr im Bereich eines "Schnäppchens", d.h. eines besonders günstigen aber doch noch im erwartbaren Rahmen liegenden Preises. Vielmehr liege für den verständigen Betrachter ein nur noch als extrem zu bezeichnendes Missverhältnis zwischen dem gebotenen Preis und dem Wert der Sache vor. Bei der Durchführung der Auktion über die gesamte Bietezeit wäre ein Erlös erzielt worden, der das Höchstgebot des Klägers von 5,50 EUR und auch sein Maximalgebot von 1.100,00 EUR bei weitem überschritten hätte. Dies zeige sich auch daran, dass der Beklagte das Fahrzeug sofort erneut eingestellt und zehn Tage später einen Erlös von 73.450,00 EUR erzielt habe. Der Kläger könne deshalb nach den Umständen des konkreten Einzelfalls keinen Schadensersatz vom Beklagten verlangen.

Redaktion Rechtsindex, Pressemitteilung des OLG Koblenz