Nach der Trennung der Parteien ist der Vorteil mietfreien Wohnens zunächst regelmäßig nur noch in dem Umfang zu berücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten darstellt.

Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste. Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft allerdings nicht mehr zu erwarten, etwa wenn ein Scheidungsantrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermögensrechtlichen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben, sind solche Ausnahmen von der grundsätzlichen Berücksichtigung des vollen Mietwerts nicht mehr gerechtfertigt (Abgrenzung zu dem Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879).

Von dem Vorteil mietfreien Wohnens sind grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten kann aber dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn der andere Ehegatte nicht mehr von der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert und daher eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten stattfindet, wie es im Fall des gesetzlichen Güterstandes ab Zustellung des Scheidungsantrags der Fall ist (Fortführung der Senatsurteile vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879 und vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159).

Nachfolgend die Mitteilung des BGH:

Keine einseitige Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit der Bemessung eines Wohnvorteils des unterhaltspflichtigen Ehegatten und der Erwerbsobliegenheit eines getrennt lebenden Ehegatten zu befassen.

Die Parteien sind verheiratet; aus ihrer Ehe sind ein volljähriger Sohn und ein bei Trennung 17 Jahre alter Sohn hervorgegangen. Sie waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Reihenendhauses mit einem Mietwert von 860 € und einer monatlichen Belastungen für Zins und Tilgung von 580 €. Im Dezember 2004 veräußerte die Klägerin ihren Miteigentumsanteil zum Preis von 75.000 € an den Beklagten. Ende Dezember 2004 trennten sich die Parteien.

Der Beklagte erzielt unterhaltsrelevante Nettoeinkünfte in Höhe von rund 3.250 € monatlich, dem das Oberlandesgericht einen Vorteil mietfreien Wohnens von zunächst rund 425 € und nach einer Umschuldung von rund 260 € hinzugerechnet hat. Die 50 Jahre alte Klägerin erzielt nach einer 15-jährigen "Familienpause" seit Anfang 2000 aus einer Teilzeittätigkeit (28 Stunden/wöchentlich) unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von monatlich rund 950 €. Dem hat das Oberlandesgericht ein fiktives Erwerbseinkommen von 260 € hinzugerechnet, das die Klägerin aus einer zumutbaren Nebentätigkeit erzielen könne. Weiter hat es Zinsgewinne der Klägerin aus dem Verkaufserlös des Miteigentums in Höhe von rund 180 € monatlich berücksichtigt.

Das Oberlandesgericht hat den Beklagten unter Berücksichtigung seiner Barunterhaltspflicht für die beiden Kinder verurteilt, an die Klägerin über den freiwillig an sie gezahlten Unterhalt in Höhe von monatlich 257,80 € hinaus weitere 367 € zu zahlen. Dagegen richtet sich die – vom Oberlandesgericht zugelassene – Revision des Beklagten. Er ist der Auffassung, dass ihm nur ein geringerer Wohnvorteil für die Nutzung des eigenen Hauses zurechenbar ist. Zudem sei das Erwerbseinkommen der Klägerin zu gering bemessen, weil sie neben ihrer Teilzeittätigkeit höhere Nebeneinkünfte erzielen könne.

Der Bundesgerichtshof hat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Die Bemessung des Mietvorteils auf Seiten des Unterhaltspflichtigen hielt der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Von dem Vorteil mietfreien Wohnens sind zwar grundsätzlich die infolge des Eigentumserwerbs entstandenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten des Unterhaltsschuldners kann aber dann nicht mehr einkommensmindernd berücksichtigt werden, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht mehr von einer mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert und anderenfalls eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten vorläge. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Teil der Tilgung aber als zusätzliche Altersvorsorge berücksichtigt werden und zwar beim Ehegattenunterhalt bis zur Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens, hier also in Höhe von rund 200 € monatlich.

Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass von der 50 Jahre alten Klägerin trotz ihrer 15-jährigen Erwerbspause grundsätzlich eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden kann. Daraus kann sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - jedenfalls ein deutlich höheres Einkommen erzielen als aus ihrer Teilzeittätigkeit. Das vom Oberlandesgericht berücksichtigte Einkommen aus einer Nebentätigkeit fängt diese Differenz nicht auf, weil das Berufungsgericht bei der Einkommensbemessung von einem sehr geringen Stundenlohn (6 €) statt von dem gegenwärtig erzielten Einkommen ausgegangen ist.

Gericht:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.03.2008 - XII ZR 22/06


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