Ein ehebedingter Nachteil im Sinne des § 1578 b BGB liegt nicht nur vor, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingt von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit absieht oder eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit aufgibt, sondern auch dann, wenn er ehebedingt seinen Arbeitsplatz wechselt und dadurch Nachteile erleidet.

Wechselt ein Ehepartner den Arbeitsplatz, um etwa dank des kürzeren Arbeitsweges mehr Zeit für die Erziehung der Kinder zu haben, muss das, wenn er sich später scheiden lässt, bei den Unterhaltsberechnungen zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Ein so genannter ehebedingter Nachteil verwirklicht sich nicht erst in einer totalen Aufgabe des Arbeitsplatzes zugunsten der Haushaltsführung und einer vollständigen Kinderbetreuung.

Der Sachverhalt

Nach einer Mitteilung der Deutschen Anwaltshotline, hatte eine in Lohngruppe 9 eingestufte Kraftwerks-Technologin anlässlich der bevorstehenden Einschulung ihrer Tochter ihre Arbeit gekündigt und eine mit der Lohngruppe 6 bedeutend schlechter bezahlte Tätigkeit aufgenommen. Der neue Arbeitsort war näher an ihrer Wohnung gelegen und besser erreichbar, und ohne den Arbeitsplatzwechsel der Mutter hätte das Kind mit Schulbeginn morgens und nachmittags den Hort besuchen müssen.

Zwar war der Mann seinerzeit mit dem Arbeitsplatzwechsel der Frau nachweislich nicht einverstanden gewesen, doch haben die Beiden danach noch weitere 19 Jahre zusammengelebt und auf der Basis dieser Entscheidung gemeinsam gewirtschaftet. Mit der Scheidung unterstellte nun der Mann, die Erwerbsbiografie seiner Ex-Frau habe sich allein "wendebedingt" ungünstig entwickelt. Der Wechsel der Arbeitsstelle beruhe also ausschließlich auf Gründen, die außerhalb der Ehegestaltung lägen, und dürfe damit für ihn nicht negativ zu Buche schlagen.

Die Entscheidung

Die Frau und Mutter habe durch den Wechsel des Arbeitsplatzes erhebliche berufliche Nachteile erlitten. Nicht nur eine Aufgabe des Arbeitsplatzes zugunsten einer vollständigen Kinderbetreuung durch einen Ehepartner stelle eine ehebedingte Entscheidung dar, die sich auf das berufliche Fortkommen auswirke, sondern auch eine sonstige Veränderung des Arbeitsplatzes , die aus Gründen geschehe, die der Familie dienten. Des Weiteren könne davon ausgegangen werden, dass die Frau ohne Kinder und ohne Ehe ihre berufliche Tätigkeit weiter so wahrgenommen hätte, wie dies vorher der Fall war.

Die Frau sei damals im Schichtdienst tätig gewesen und habe sich ständig fortgebildet. Entsprechend sei sie befördert worden, was mit einer fortschreitend guten Lohnentwicklung einherging. Ohne den seinerzeitigen Arbeitsplatzwechsel im Interesse der Familie hätte sie im Beruf dieselbe Karriere wie ihr Mann machen und selbst ein Einkommen mindestens in Höhe des eheangemessenen Bedarfs erzielen können. Dieses Defizit muss nun nach der Scheidung der Ex-Mann ausgleichen.

Gericht:
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.03.2013 - XII ZB 650/11

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