Der Unterhaltsberechtigte muss detailliert darlegen, warum bei einem Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres ein erhöhter Betreuungsbedarf besteht, der eine Vollzeittätigkeit ausschließt. Maßgeblich sind die individuellen Gründe, die auch detailliert in die Urteilsbegründung des Familiengerichts einfließen müssen.

Die amtlichen Leitsätze


a) Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa bis zum achten und zum zwölften Lebensjahr, abstellt, wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an das Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 3/09 - FamRZ 2011, 791).

b) Das gilt auch, wenn solche Altersphasen nur als Regelfall behandelt werden, innerhalb dessen die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, die Begründung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils aber nicht auf individuelle Einzelumstände gestützt ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 28).

Der Sachverhalt

Die Parteien hatten im Mai 1999 geheiratet. Im Juli 1999 wurde die gemeinsame Tochter geboren. Seit Februar 2005 ist die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden. Mit einem Vergleich vom 2. Juli 2007 verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung nachehelichen Unterhalts an die Beklagte in Höhe von monatlich 440 € ab September 2006.

Mit seiner Abänderungsklage begehrt der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht für die Zeit ab Februar 2008. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren auf Wegfall der Unterhaltspflicht weiterverfolgt.

Die Entscheidung

Das zuvor geltende sog. Altersphasenmodell, das beim Betreuungsbedarf ganz oder teilweise auf das Alter des Kindes abstellte, kann aufgrund der neuen Rechtslage nicht mehr als entscheidendes Kriterium für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts herangezogen werden.

[...] Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung des § 1570 BGB dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- und elternbezogene Umstände, die aus Gründen der Billigkeit zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus führen können, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.[...]

[...] Mangels hinreichend festgestellter individueller kind- oder elternbezogener Gründe kann das angefochtene Urteil, das von einer nur halbschichtigen Erwerbsobliegenheit der Beklagten ausgeht, keinen Bestand haben. Die Entscheidung ist aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats eine neue Billigkeitsabwägung treffen kann.[...]

Für die betroffene Mutter bedeutet dieses Urteil, dass sie nun die Gründe für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts darlegen und genau beweisen muss, warum das Interesse und der Betreuungsbedarf des Kindes dagegen sprechen, dass sie wieder eine Arbeit in Vollzeit aufnimmt.

Linktipp externer Webseiten:
BGH zum neuen Unterhaltsrecht - Mami muss Geld verdienen

Gericht:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Juni 2011 - XII ZR 94/09

Quelle: Rechtsindex, BGH
Ähnliche Urteile:

Die Unterhaltsansprüche einer Mutter entfallen, wenn sie in einer neuen festen Beziehung lebt und das von ihr betreute Kind mit drei Jahren Anspruch auf einen Kindergartenplatz hat. So entschied das Oberlandesgericht Bremen mit seinem Beschluss (AZ: 4 UF 75/06) vom 5. Januar 2007, wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt. Urteil lesen

Eine Aufteilung des Unterhalts gibt es nur in Ausnahmefällen. Dies kann dann der Fall sein, wenn sich getrennt lebende Eltern die Versorgungs- und Erziehungsaufgaben ihrer Kinder in etwa zur Hälfte teilen. Urteil lesen

Wenn bei einer Trennung vereinbart wird, dass ein Partner für die Versorgung des gemeinsamen Hundes einen monatlichen Betrag bezahlt, muss er dies auch tun. Durch die Vereinbarung komme ein Schuldverhältnis zustande. Urteil lesen

Alleinerziehende können über Nachhilfeunterricht für ihre Sprösslinge allein entscheiden. Der unterhaltspflichtige Elternteil muss die Kosten ohne Wenn und Aber anteilig übernehmen. Urteil lesen


Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de