Kündigen Verkäufer einen Tag vor Abschluss eines Hausverkaufs an, doch nicht verkaufen zu wollen, so schulden sie den Käufern keinen Schadensersatz für Rückabwicklungskosten eines Darlehensvertrags, wenn der Abschluss nicht auf Veranlassung der Verkäufer erfolgte.

Der Sachverhalt

Nach Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken (Az. 4 U 435/12), auf das die Deutsche Anwaltshotline verweist, war bezüglich eines Hauskaufs bis zum letzten Tag vor dem Notartermin eigentlich alles klar. Da das Geschäft bis dahin über einen Immobilienmakler lief, begegneten sich Kaufinteressentin und Hauseigentümer erst einen Tag vor dem eigentlichen Kaufabschluss zu einem letzten Besichtigungstermin.

Dabei stellte die potenzielle Käuferin fest, dass der Nachbar ein Arbeitskollege war und führte mit ihm ein freundliches Gespräch. Das sei den Hauseigentümern ein Dorn im Auge gewesen, sie hätten der Käuferin von einer Sekunde auf die andere mitgeteilt, sie würden das Haus doch nicht an sie verkaufen. Hintergrund sei gewesen, dass die Hauseigentümer ein schlechtes Verhältnis zu dem Nachbarn hätten. Die Hauseigentümer hätten der Käuferin und dem Nachbarn die vorhersehbaren gut nachbarlichen Beziehungen nicht gegönnt.

Die Widerrufsfristen der bereits geschlossenen Darlehensverträge waren abgelaufen, sodass der Käuferin Rückabwicklungskosten über 9.000 Euro entstanden. Diese wollte sie von den Verkäufern wiederhaben, da sie es waren, die ohne triftigen Grund einen Rückzieher in letzter Minute gemacht hatten.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken (Az. 4 U 435/12)

  1. Eine zur Haftung des potenziellen Verkäufers wegen Abbruchs von Vertragsverhandlungen führende gesteigerte Vertrauensbeziehung liegt nicht schon dann vor, wenn der Kaufinteressent im Rahmen der Verhandlungen eine Finanzierungszusage übergibt. *

  2. Auch durch den (nicht auf Veranlassung des Verkäufers erfolgten) Abschluss eines nicht mehr zu widerrufenden Darlehensvertrags des Kaufinteressenten vor Beurkundung des Grundstückskaufvertrags kann im Allgemeinen keine rechtliche Bindung bzw. Haftung des Veräußerers herbeigeführt werden. *

Das Oberlandesgericht Saarbrücken wies die Klage ab und betonte, dass die Vertragsfreiheit bis zum endgültigen Abschluss jeder Seite das Recht gewähre, die Verhandlungen abzubrechen. Die Hauseigentümer hätten nicht damit rechnen müssen, dass die Interessentin schon mehrere Wochen vor dem Notartermin bereits Kredite aufnahm. Noch dazu solche, deren Widerrufsfrist zum Termin des Kaufabschlusses längst abgelaufen war. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Abbruchs von Vertragsverhandlungen besteht nicht.

Aus dem Urteil: [...] Im Rahmen der Vertragsfreiheit hat jeder Vertragspartner bis zum Vertragsabschluss das Recht, von dem in Aussicht genommenen Vertragsabschluss Abstand zu nehmen. Aufwand, der in Erwartung des Vertragsabschlusses gemacht wird, erfolgt daher grundsätzlich auf eigene Gefahr (BGH NJW-RR 1989, 627). Nur wenn der Vertragsschluss nach Verhandlungen zwischen den Parteien als sicher anzunehmen ist und in dem hierdurch begründeten Vertrauen Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages vor dessen Abschluss gemacht werden, können diese vom Verhandlungspartner unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zu erstatten sein, wenn er den Vertragsabschluss später ohne triftigen Grund ablehnt (BGHZ 76, 343, 349; BGH NJW-RR 2001, 381, 382). Allerdings erfordert § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB unter anderem zum Schutz des Veräußerers vor der übereilten Eingehung einer Verpflichtung zur Veräußerung die notarielle Beurkundung des Vertrages, durch den er sich zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück verpflichtet (jurisPK-BGB/Ludwig, 6. Aufl. § 311b Rn. 3). Die Vorschrift dient zudem dazu, dass der Wille der Vertragsparteien richtig, vollständig und wirksam gefasst und den Vertragsparteien eine sachgemäße Beratung gegeben wird (jurisPK-BGB/Ludwig, aaO). Da eine mit der Abstandnahme vom angebahnten Vertrag begründete Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens einen indirekten Zwang zum Vertragsabschluss bedeutet, welcher dem Zweck der Formvorschrift des § 311b BGB zuwiderläuft, löst im Anwendungsbereich dieser Vorschrift der Abbruch von Vertragsverhandlungen, deren Erfolg als sicher anzunehmen war, durch einen der Verhandlungspartner auch dann keine Schadensersatzansprüche aus, wenn es an einem triftigen Grund für den Abbruch fehlt (BGH WM 1982, 1436, 1437; NJW 1996, 1884, 1885). [...]

"Vor dem Notartermin hätte die Käuferin lediglich eine Finanzierungszusage einholen sollen. Die Darlehensverträge hätte sie erst nach dem Hauskauf eingehen dürfen", erklärt Rechtsanwältin Dr. Sonja Tiedtke. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Käuferin auf eigenes Risiko handelte und somit kein Schadensersatz geltend machen kann.

Gericht:
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2014 - 4 U 435/12

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*) Amtl. Leitsätze