Eine Bank hatte es unbekannten Tätern nicht sonderlich schwer gemacht, eine Vielzahl von Schließfächern aufzuberechen, darunter auch das von der geschädigten Kundin angemietete Schließfach. Die Kundin fordert den Ersatz des Schadens in Höhe von 65.000 Euro.

Der Sachverhalt

Eine Kundin hatte bei einer Bank bereits seit 2006 ein Schließfach angemietet. Am Vormittag des 1. April 2009 vermietete die gleiche Bank einer unbekannten männlichen Person, die sich mit einem - wie sich nachträglich herausstellte: gefälschten - finnischen Pass ausgewiesen hatte, ein weiteres Schließfach.

Am Nachmittag desselben Tages erschien diese Person erneut in Begleitung zweier Männer, von denen einer eine große Sporttasche bei sich hatte. Ein Bankangestellter führte die drei Männer in den Tresorraum, schloss mit seinem Schlüssel das erste Schloss des Schließfachs auf und begab sich dann wieder in den allgemeinen Kundenbereich im Erdgeschoss. Die in dem Tresorraum allein gelassenen Männer brachen sodann eine Vielzahl von Schließfächern des einen Tresorschranks auf, darunter auch das von der geschädigten Kundin angemietete Schließfach.

Die Kundin trat die ihr gegen die Bank zustehenden Forderungen an eine Freundin ab, die Klage gegen die Bank auf Zahlung von 65.000,00 EUR erhob. Nachdem das Landgericht Beweis erhoben hatte über die Behauptung der Klägerin, ihre Freundin habe in dem Schließfach diesen Bargeldbetrag aufbewahrt, gab es der Klage statt und verurteilte die Bank zur Zahlung der Summe einschließlich geltend gemachter Zinsen. Die Bank ging in Berufung.

Das Urteil des Kammergerichts (Az. 26 U 18/15)

Der 26. Zivilsenat des Kammergerichts Berlin (Az. 26 U 18/15) wies die Berufung zurück mit der Begründung, die Bank habe die ihr gegenüber der Kundin obliegenden Obhuts- und Aufklärungspflichten verletzt. Ein Kunde, der ein Schließfach anmiete und dort in der Regel wertvolle Dinge aufbewahre, erwarte, dass die Bank gewisse Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Tresore treffe.

Bank machte es den Tätern zu leicht

Die Bank hätte es daher Tätern zumindest in gewissem Umfang erschweren müssen, sich unter Täuschung über ihre Identität und über ihre Absichten Zugang zum Schließfachraum zu verschaffen und dort ungehindert Schließfächer auszurauben. So wäre u.a. in Betracht gekommen,

  • die Echtheit der Ausweispapiere mithilfe des in der betroffenen Filiale vorhandenen Datensystems zu überprüfen,
  • die mitgeführte große Tasche vorher oder nachher zu kontrollieren,
  • dass die Beklagte Zutritt zu dem Schließfachraum nur Kunden der Bank gewährt, nicht aber unbekannten Begleitpersonen mit großen Sporttaschen,
  • im eigentlichen Schließfachraum eine Videokamera zu installieren und den Kunden aus Diskretionsgründen einen nicht überwachten Nebenraum zur Verfügung zu stellen und/oder
  • eine Alarmanlage, die auf Erschütterungen reagiert, welche durch den Einsatz von Brechwerkzeug hervorgerufen werden, in dem Tresorraum zu installieren

Dabei hatte der Senat nicht zu entscheiden, genau welche dieser oder ähnlicher Maßnahmen die Bank hätte (noch) ergreifen müssen, wenn sie bereits andere Maßnahmen ergriffen hätte. Denn die Bank hatte keine derartigen Maßnahmen ergriffen.

Abwägung der Interessen geht zu Lasten der Bank

Die gegenläufigen Interessen von Bank und Kunden seien gegeneinander abzuwägen. Diese Abwägung gehe zu Lasten der Bank. Einerseits habe sie eine oder mehrere der vorgenannten Sicherungsvorkehrungen unschwer umsetzen können, während die Kunden keine Möglichkeiten gehabt hätten, ihr Eigentum in den Schließfächern besonders zu schützen. Zum anderen sei der Aufwand, um die Risiken eines Aufbruchs mittels der vorgenannten Maßnahmen zu minimieren, der Bank zumutbar gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das wertvolle Eigentum der Schließfachkunden in erheblichem Maße gefährdet gewesen sei.

Auch habe die Bank ihre Pflicht zur Aufklärung ihrer Kundin verletzt, indem sie nicht darauf hingewiesen habe, dass entgegen der stillschweigenden Erwartungshaltung keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden seien. Im Ergebnis hafte die Bank in voller Höhe.

Gericht:
Kammergericht Berlin, Urteil vom 02.03.2016 - 26 U 18/15

Kammergericht, PM
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