Widerruft ein Bankkunde Geldüberweisungen, weil er die dieser Abbuchung zugrundeliegenden Kreditkartengeschäfte bestreitet, muss die Bank, die die Abbuchungen zu verantworten hat, entweder beweisen, dass die Kreditkartengeschäfte von dem Kunden getätigt wurden oder dass er für den Missbrauch der Kreditkarte verantwortlich ist. Kann sie es nicht, muss sie den abgebuchten Geldbetrag dem Kunden erstatten.

Der Fall:

Ab Mai 2007 besaß die spätere Klägerin bei ihrer Bank einen MasterCard-Vertrag, nach dem die mit Kreditkarte bezahlten Beträge von ihrem Konto eingezogen werden sollten. Einige Monate später stellte die Kundin fest, dass in der Kreditkartenabrechnung Abbuchungen auftauchten, die sie nicht veranlasst hatte. Sie ließ darauf hin die Karte sperren. Die Bank erstattete auch anstandslos die nicht akzeptierten Beträge.

Die Kundin selbst ließ vorsichtshalber ein Virenprogramm auf ihrem Computer installieren. Im September 2007 erhielt sie eine neue Kreditkarte.
Einen Monat später bemerkte sie wieder Abbuchungen, die sie nicht gelten lassen wollte. Sie ließ auch die zweite Karte sperren, erstattete Strafanzeige und versicherte an Eides statt, dass sie die Umsätze nicht getätigt habe.

Darauf hin erhielt sie die nunmehr dritte MasterCard. Aber auch hier wiederholte sich das Spiel. Sie entdeckte erneut Umsätze, die nicht von ihr stammten. Die Bank erstattete ihr noch weitere 57,74 Euro, den Rest in Höhe von 710,86 Euro jedoch nicht mehr. Sie war der Ansicht, die Kundin habe entweder die Abbuchungen selbst veranlasst oder Dritten leichtfertig die Möglichkeit verschafft, die Karte zu nutzen. Das ergebe sich schon daraus, dass immer die gleichen Händler betroffen seien, obwohl neue Karten ausgestellt wurden. Das lege den Verdacht nahe, dass diese Händler an die jeweiligen neuen Daten nur durch einen Sorgfaltsverstoß der Kundin gelangen konnten. Ein Missbrauch durch Mitarbeiter der Bank sei ausgeschlossen, weil diesen die Kartenprüfnummer auf der Rückseite der Karte nicht bekannt sei. Im Übrigen hätte sie ihre Computer sofort auf Viren überprüfen müssen.

Die Kundin klagte darauf hin vor dem AG München. Die zuständige Richterin gab ihr Recht:


Die Bank müsse den eingeklagten Betrag erstatten. Durch die Abbuchungen vom Konto der Kundin sei auf Seiten der Bank eine Vermögensmehrung eingetreten. Um diese Vermögensmehrung behalten zu können, müsste von ihr nachgewiesen werden, dass die Kreditkartengeschäfte durch die Kundin tatsächlich getätigt wurden oder dass sie für den Missbrauch verantwortlich sei. Beides sei ihr nicht möglich gewesen. Soweit die Bank behaupte, die Kundin habe die Karte nicht mit genügender Sorgfalt aufbewahrt und diese Behauptung darauf stütze, dass die neuen Kartendaten jeweils den gleichen Zahlungsempfängern bekannt geworden seien, stelle dies eine reine Vermutung dar. Die Bank habe nicht dargelegt, wie sich die Datenübermittlung abgespielt haben solle. Das gleiche gelte für die Behauptung, es habe ein Virus im System des Computers der Kundin vorgelegen. Selbst wenn ein Virus vorhanden gewesen wäre, würde dies nur eine Möglichkeit bedeuten, wie die Händler an die Daten gekommen wären. Nach dem die Karte mit ihren Nummern bei den vielfachen Einsatzmöglichkeiten allen möglichen Leuten bekannt werden könne, im Übrigen auch Mitarbeitern der Bank, könne ein Datentransfer auch ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein. Eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises käme hier nicht in Frage. Eine solche würde voraussetzen, dass ein Sachverhalt feststehe, von dem aus ein denklogischer Schluss gezogen werden könne. Da hier die Bank nur mit bloßen Vermutungen arbeite und viele Möglichkeiten der Entstehung des Datenmissbrauches bestünden, komme ein Anscheinsbeweis zu Lasten der Kundin nicht in Betracht.

Leiste die Bank ohne weitere Überprüfung an Unternehmen, deren Berechtigung die Klägerin vorher bereits bestritten hatte, könne sie ihr Risiko, dass sie das Geld vom Händler nicht mehr zurück bekomme, nicht auf die Kundin abwälzen. Dass die Bank die Abbuchungen durch die Händler ohne weitere Prüfung und ohne Belege zu verlangen, sozusagen automatisch, ermögliche, sei ihr Problem. Wolle sie sich absichern, solle sie ihr Programm zumindest so einstellen, dass es Abbuchungen von Händlern, gegen die Einspruch eingelegt wurden, nicht mehr zulasse. Der Mangel an Sicherheitsstandards bei der Beklagten könne der Klägerin nicht zur Last fallen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Urteil des AG München vom 16.2.09, AZ 242 C 28708/08
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