Fonds, die in Rohstoffe und Nahrungsmittel investieren sind als vermeintlich krisensichere Kapitalanlagen beliebt. Doch Rohstofffonds sind alles andere als sichere, unverwüstliche Anlageformen. Und sie haben teilweise sehr bedenkliche "Nebeneffekte".

Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Ralf Stoll informiert

Was haben Kapitalanlagen, die Krisensicherheit für das Depot schaffen sollen mit dem Hunger der Welt zu tun? Wenn es sich um Rohstofffonds, die auch in Agrarprodukte investieren, handelt: eine Menge. Rohstofffonds sind für Privatanleger eine noch recht neue, aber sehr beliebte Form, Geld anzulegen. Nachdem an den Aktienmärkten binnen eines Jahrzehnts zunächst die dot-com-Blase rund um junge Internetunternehmen platzte und wenige Jahre später der Absturz der Finanzkrise folgte, suchen Anleger Zuflucht auf anderen Märkten. Daher nutzten viele Anleger die Gelegenheit, um ihr Depot durch eine Investition in Rohstoffe breiter aufzustellen und so Sicherheit zu erlangen. Doch das bodenständig-biedere Image, das die Bezeichnung Rohstofffonds vermitte lt, trügt. Rohstoff- und Nahrungsmittelfonds sind hochkomplexe und spekulative Kapitalanlagen.

Was sind Rohstofffonds?

Um erklären zu können, was Rohstofffonds sind, muss zunächst klargestellt werden, was sie nicht sind. Sie sind nämlich nicht das, was der Name vermuten lässt. Ein Rohstofffonds investiert nicht direkt in Eisen, Gold, Nahrungsmittel oder sonstige Rohstoffe. Dies liegt daran, dass in der EU und weiteren Länder Spekulationsgeschäfte mit Nahrungsmitteln untersagt sind. Die OGAW-Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere) und das deutschen Investmentgesetzt (InvG) schließen direkte Investition in Nahrungsmittel aus. Dennoch fanden die Banken und Finanzinstitute Wege, um dieses Verbot auszuhebeln.

Die Rohstofffonds legen das Geld der Anleger indirekt in Rohstoffen an. Bei vielen Rohstofffonds handelt es sich sogenannten Indexfonds. Ein Indexfonds nimmt einen bestimmten Index als Grundlage und versucht dessen Entwicklung nachzuvollziehen. Es gibt verschiedene rohstoffbasierte Indizes, zum Beispiel den DJUBSCI (Dow Jones UBS Commodity Index) oder den GSCI (Goldman Sachs Commodity Index). In einen solchen Index fließen die Preise eines Korbs verschiedener Futures (Warentermingeschäfte) ein. Bei Futures handelt es sich um Finanzinstrumente - der Index basiert also nicht auf den unmittelbaren Rohstoffausbeuten oder Ernteerträgen. Zum Nachverfolgen der Indizes werden Anleihen, Derivate, Futures, Wertpapiere oder auch Aktien eingesetzt. Kurz gesagt handelt es sich um Fonds, die in Finanzinstrumente investieren. Der Wert der Fondsanteile bemisst sich daran, ob bei diesen Geschäften Gewinne oder Verluste erzielt werden.

Rohstoffzertifikate

Bei Rohstoffzertifikaten handelt es sich um indexbasierte Wertpapiere. Ihr Rückzahlungsbetrag richtet sich nach der Entwicklung eines bestimmten Index. Es handelt sich auch hier - wie bei den Indexfonds - um eine Wette auf steigende Preise.

Nahrungsmittelfonds und Agrarfonds

Nahrungsmittelfonds sind eine spezialisierte Unterart der Rohstofffonds. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch "normale" Rohstofffonds in Nahrungsmittel investieren können und dies auch tun. Im Sommer 2012 gerieten Rohstoff- und Agrarfonds unter Druck. Durch vermehrte Medienberichte, die die schlimmen Auswirkungen einer Investition in vermeintlich harmlose Rohstofffonds anprangerten, wurde die Kritik immer lauter. Verschiedene Studien (z.B. von Oxfam "Mit Essen spielt man nicht!" oder foodwatch "Die Hungermacher - Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten mit Lebensmitteln spekulieren") setzen sich ihrerseits mit Studien und Tatsachen auseinander und kommen zu dem Ergebnis, dass es deutliche Hinweise gibt, dass ein Teil des weltweiten Hungers durch Rohstoff- und Agrarfonds (mit)verursacht ist. Diese führen durch ihre Spekulationsgeschäfte eine künstliche Verteuerung von Lebensmitteln herbei. Als Reaktion hierauf kün digten einige Banken an, sich aus dem Geschäft mit Nahrungsmittelspekulationen zurückziehen zu wollen. Für die Armen der Welt bedeuten die Spekulationsgeschäfte Hunger, da zum Beispiel der Preis für Weizen oder Mais seit 2001 um über 100 Prozent anstieg. Die Problematik, dass Kapitalanlagen Hunger erzeugen, wird durch die nach wie vor zufließenden Gelder weiter verstärkt Eine weitere unliebsame Konsequenz der Spekulationsgeschäfte sind deren reale "Rückwirkungen" auf den Rohstoffhandel, da sich die Preise für die tatsächlichen Rohstoffkäufe und -verkäufe an den künstlichen Preise der Warenterminbörsen orientieren.

Agrarfonds (und auch Rohstofffonds) in der heutigen Form, die durch komplexe Transaktionen gekennzeichnet sind, gibt es erst seit wenigen Jahren. Erst seit 2002 gehören sie zum üblichen Angebot der Banken, seit 2004 sind solche Fonds Gegenstand massiver Investitionen. Mittlerweile fließt gut ein Viertel des in Rohstoffe investierten Kapitals in Agrarprodukte. Dies hatte einen Wandel der Warenterminbörsen und der dort gehandelten Futures zur Folge, die sich von einem Markt für Absicherungsgeschäfte der Rohstoffproduzenten und - verwerter zu einem Markt zur Erzielung spekulativer Gewinne entwickelten. Hierdurch koppelt sich der Handel der Futures auf den Warenterminbörsen von der tatsächlichen Lebensmittel- und Rohstoffproduktion ab. Das Transaktionsvolumen für Weizen-Futures ist in der EU etwa doppelt so groß wie die tatsächliche Ernte, an den US-amerikanischen Wartenterminbörsen liegt das Handelsvolumen noch weit höher über der Produktion. Tendenz steigend.

Das Auf und Ab der Rohstoffmärkte

Die Preise an den Warenterminbörsen und sonstigen Rohstoffmärkten sind einem steten Auf und Ab unterworfen. Sie werden als sehr volatile Märkte bezeichnet. So gab es an den Lebensmittel-Warenterminbörsen zwei Preisexplosionen binnen 3 Jahren, denen ein Preisverfall folgte. Daher können Anleger nicht auf kontinuierlich und verlässlich ansteigende Preise setzen. Dennoch ist gerade bei Lebensmitteln binnen eines Jahrzehnts ein erheblicher Preisanstieg zu verzeichnen. Darüberhinaus ist das Handelssystem der Rohstofffonds, die regelmäßig einen Austausch ihrer Warentermingeschäfte vornehmen müssen (sogenannter roll), geeignet, um zu großen Preisanstiegen und anschließenden Abstürzen binnen kurzer Zeit zu führen. Ein weiteres Problem ist die Intransparenz dieser Märkte, da viele Geschäfte außerhalb der geregelten Märkte getätigt werden (OTC-Geschäfte, over the counter - "über den Tresen").

Die rechtliche Seite der Rohstofffonds: Es lauern große Risiken

Die Zahl der unterschiedlichen Finanzprodukte rund um Rohstoffe ist groß und dementsprechend gibt es auch verschiedene Ausformungen der Rohstofffonds. Die genaue rechtliche Ausgestaltung und die damit verbunden Risiken variieren dementsprechend - je nachdem, wie der Fonds aufgebaut ist und in welche Finanzprodukte investiert wird. Es gibt geschlossene und offene Fonds. Bei offenen Fonds können Anleger Anteile erwerben und auch wieder zurückgeben. Ein häufig anzutreffender Typus ist der ETF (Exchange-traded fund; börsengehandelter Fonds). Anleger können (über ihre Bank) Anteile an dem Fonds kaufen und auch wieder verkaufen. Bei Zertifikaten handelt es sich um Wertpapiere, die verschieden ausgestaltet werden können.

Abgesehen von der sehr bedenklichen ethischen Dimension der Rohstofffonds eignen sich solche Kapitalanlagen auch nicht für jeden Anleger. Vielfach werden Rohstofffonds empfohlen, um "das Portfolio zu diversifizieren", also um Risiken durch die Streuung der Kapitalanlagen zu minimieren. Jedoch setzen Rohstofffonds eine hohe Risikobereitschaft voraus, da es sich um außerordentlich volatile Märkte handelt, die in den letzten zehn Jahren auch nochmal deutlich an Fahrt gewannen. Angesichts dessen, dass Rohstofffonds oftmals in ein Bündel hochkomplexer Finanzinstrumente investieren, eignen sie sich nur für Anleger, die wissen, um was es sich hierbei handelt und die genau wissen, auf was sie sich einlassen.

Wurden in der Anlageberatung Rohstofffonds empfohlen, müssen die Bankberater oder Anlageberater die Anleger ausreichend über bestehende Risiken aufklären. Sie dürfen diese Risiken auch nicht relativieren, etwa durch pauschale Aussagen wie "Im Endeffekt gewinnt der Anleger immer.". Auch gibt es keine sicheren Beweise dafür, dass Rohstoffmärkte automatisch gegenläufig zu den Aktienmärkten sind - eine "garantierte Abfederung" durch Diversifikation ist nicht nachgewiesen.

Weiterhin besteht bei den sogenannten offenen Fonds das Risiko, dass diese geschlossen werden können. Bei einem offenen Fonds gibt eine Fondsgesellschaft Anteile des Rohstofffonds heraus, die die Anleger erwerben können. Wollen sich die Anleger nun von ihren Anteilen trennen, können sie diese an die Fondsgesellschaft zurückverkaufen oder anderweitig an der Börse veräußern. Verfügt ein offener Fonds jedoch über zu wenig flüssige Mittel (weniger als fünf Prozent des Fondsvolumens), muss er von Gesetzes wegen geschlossen werden. Das bedeutet, dass die Anleger nicht mehr wie gewohnt ihre Anteile zurückgeben können. Teilweise wird auch die Ausgabe neuer Anteile eingestellt. Die Auswirkung für die Anleger ist, dass sie nicht jederzeit problemlos auf ihre Geld zugreifen können.

Was können Anleger, die in Rohstofffonds investierten, jetzt tun?

Anleger, die in Rohstofffonds oder Nahrungsmittelfonds investierten und nun Zweifel haben, ob diese umstrittene Art der Kapitalanlage die richtige Wahl war, sollten sich an einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht wenden. Im Rahmen einer rechtlichen Beratung kann ausgelotet werden, was betroffene Anleger unternehmen können.

Wird Anlegern die Investition in einen Rohstofffonds von einem Bank- oder Finanzberater empfohlen, müssen sie die Anleger anlage- und anlegergerecht aufklären. Dazu gehört, dass sie sich über die Anlageziele des Anlegers informieren. Soll das Geld zum Beispiel der Altersvorsorge dienen? Ist eine sichere Kapitalanlage gewünscht? Welche Vorerfahrungen mit Kapitalanlagen hat der jeweilige Anleger? Anhand dieser Informationen müssen die Berater passende Anlagen auswählen und über die speziellen Risiken und die genaue Funktionsweise der jeweiligen Kapitalanlage aufklären. Bei Rohstofffonds müssen sie zum Beispiel auf die Risiken, die dem jeweiligen Rohstofffonds innewohnen hinweisen oder auf die Möglichkeit, dass es zu Verlusten kommen kann. Darüberhinaus muss Anlegern ein Prospekt, in dem der Rohstofffonds detailliert beschrieben wird, ausgehändigt werden. Dieser Prospekt muss gewissen Mindeststandards entsprechen. Ein immer wieder kritischer Punkt vieler Anlage beratungen ist die Aufklärung über Provisionszahlungen (kick backs).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rohstofffonds verschiedene Risiken bergen und nicht für jeden Anleger geeignet sind. Darüberhinaus führt die verbreitete Investition in Lebensmittel und Agrarprodukte zu Hunger gerade bei den Armen der Welt. Eine kleine, vermeintlich harmlose Investition hat globale Auswirkungen! Rohstofffonds zu Recht ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Anleger sollten sich daher nicht scheuen, sich von einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht beraten zu lassen.

Eine Auswahl an Kapitalanlagen, die in Rohstoffe investieren:
Allianz Commodities Strategy
Allianz RCM Commodities
BNP PARIBAS L1 World Commodities
DB Platinum Commodity Euro
DB Platinum Commodity Harvest
DB Platinum IV Agriculture
Db x-trackers
Deka-Commodities CF
DWS Enhanced Commodity Strategy Fund
DWS Invest Commodity Plus
DZ Bank Best Commodity-Zertifikate
Hansainvest HANSAwerte
LBBW Rohstoffe I
LBBW Rohstoffe II LS
Morgan Stanley Diversified Alpha Plus
PIMCO CommoditiesPLUS Strategy Fund
PIMCO CommodityRealReturn Strategy Fund
PIMCO CommoditiesPLUS Short Strategy Fund
Power Shares DB Agriculture Fund
Power Shares DB Commodity Index Tracking Fund
PWM Commodity Optimum Fonds
UBS ETF plc CMCI Composite
UBS Struct. Rogers Intern. Commodity Index
Union Invest UniCommodities
Union Invest UniGarant Commodities

Dr. Stoll, Rechtsanwalt

http://www.dr-stoll-kollegen.de/aktuelle-faelle/rohstofffonds-nahrungsmittelfonds-und-rohstoff-zertifikate

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