Das Oberlandesgericht Frankfurt hat eine Bank dazu verpflichtet, Auskunft über das Guthaben auf einem im Jahr 1959 eingerichteten "vergessenen" Sparbuch zu erteilen.

Der Sachverhalt

Nach dem Tod seines Vaters ist der Kläger in den Besitz des Sparbuches seines Vaters gekommen und verlangte von der beklagten Bank zunächst Auskunft über das vorhandene Guthaben, sowie nach Auskunftserteilung, Auszahlung des Guthabens und den angefallenen Zinsen. Seit rund 50 Jahren fand keine Geldbewegung mehr auf dem Sparbuch statt. Damals wies das Sparbuch ein Guthaben von rund 106.000,- DM aus.

Die beklagte Bank bestreitet die Echtheit des Sparbuches, die Echtheit der darin enthaltenen Unterschriften der Bankmitarbeiter sowie deren Zeichnungsberechtigung, da sich in ihren Aufzeichnungen und Archiven keine Anhaltspunkte dafür fänden, dass die im Sparbuch ausgewiesene Forderung jemals bestanden habe.

Zunächst befasste sich das Landgericht Frankfurt am Main mit der Sache und gab dem Auskunftsverlangen des Klägers statt. Ein Sachverständiger bestätigte die Echtheit des Sparbuches. Die Bank ging gegen das Urteil in Berufung.

Die Entscheidung

Der zuständige 19. Zivilsenat des OLG wies durch Urteil die Berufung zurück. Die Echtheit des Sparbuches könne nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Dieser habe überzeugend dargelegt, dass das Sparbuch keine Anhaltspunkte für eine Reproduktion aufweise und die verwendete Tinte und Kugelschreiberpaste bereits 1955 auf dem Markt gewesen sei. Dem Sparbuch komme danach die Funktion einer Beweisurkunde zu. An die Erschütterung des Beweiswertes eines Sparbuches seien besonders hohe Anforderungen zu stellen, die nur im Ausnahmefall vorlägen. So könnten insbesondere die Höhe des Sparguthabens und die Dauer der Umsatzlosigkeit den Beweiswert nicht erschüttern.

Soweit die Bank bestreite, dass die in dem Sparbuch neben dem Guthabenbetrag beigefügten Namensunterschriften echte Unterschriften von zeichnungsberechtigten Mitarbeitern seien, könne sie damit nicht durchdringen. Da dem Kläger in der Rolle des Sparers insoweit die betreffenden Umstände naturgemäß nicht bekannt sein könnten, liege es im Verantwortungsbereich der Bank, für den Nachweis oder das Bestreiten der Echtheit von Unterschriften in einem Sparbuch geeignete Geschäftsunterlagen aufzubewahren und vorzulegen, selbst nach Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen. Andernfalls könne eine Bank durch einfaches Bestreiten der Echtheit der Unterschriften im Sparbuch den Beweiswert des Sparbuches faktisch aufheben, was nicht hinnehmbar sei. Weder die Sparbuchforderung selbst noch der Auskunftsanspruch seien im Übrigen verjährt. Der Umstand, dass die Bank keine Kenntnis mehr von dem Sparbuch gehabt habe, ändere hieran nichts.

Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Vorinstanz:
Landgericht Frankfurt am Main, Teilurteil vom 25.6.2010 - 2/27 O 177/08

Gericht:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.2.2011 - 19 U 180/10

OLG Frankfurt, Rechtsindex
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