Eine Messerattacke auf eine Arbeitskollegin ist an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn die Tätlichkeit außerhalb des Betriebs und aus rein familiären Gründen erfolgte. Dies hat das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 06.01.2009 entschieden (5 Sa 313/08).

Der Sachverhalt

Die Parteien führten einen Kündigungsrechtsstreit. Der vierzigjährige Kläger türkischer Abstammung war bei der Beklagten ebenso wie seine Ex-Ehefrau als Tabakarbeiter beschäftigt. Der Kläger hatte sich darüber geärgert, dass seine damals bereits seit über zwei Jahren von ihm getrennt lebende Ex-Frau die beiden gemeinsamen Kinder (7 und 14 Jahre alt) alleine zuhause gelassen hatte, um an einer privaten Weihnachtsfeier teilzunehmen, obgleich der siebenjährige Sohn krank war.

Deshalb lauerte er seiner Ex-Frau nachts auf der Straße auf, beschimpfte sie, zog sie an den Haaren und stach schließlich mehrfach mit einem Küchenmesser auf sie ein. Die Ex-Frau erlitt unter anderem eine 2 cm lange Schnittwunde, die bis zum Knochen des Schulterblattes reichte. Sie war für längere Zeit arbeitsunfähig. Der Kläger wurde in einem Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Nachdem der Arbeitgeber hiervon Kenntnis erlangte, kündigte er dem Kläger fristlos. Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage des Klägers ab. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb auch vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos.

Zur Begründung führte das Landesarbeitsgericht aus:

Eine Tätlichkeit unter Arbeitskollegen ist grundsätzlich auch dann geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie nicht im Betrieb, sondern im privaten Umfeld aus rein privaten Motiven begangen worden ist. Denn auch eine solche Tätlichkeit hat Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. Durch die Arbeitsunfähigkeit des Opfers ist der Betriebsablauf gestört und der Arbeitgeber muss Entgeltfortzahlung leisten.

Zudem kann der Betriebsfrieden durch die durch den Streit und die Tätlichkeit hervorgerufenen Spannungen gestört werden. Vorliegend hatte sich die Ex-Frau aus Angst geweigert, weiterhin mit dem Kläger im Betrieb zusammen zu arbeiten. Auch die Interessenabwägung musste vorliegend trotz der sechsjährigen Beschäftigungszeit und der Unterhaltsverpflichtungen zulasten des Klägers ausfallen. Maßgeblich waren die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber der bei ihm noch beschäftigten Ex-Frau des Klägers und die zukünftige erhebliche Beeinträchtigung des Betriebsfriedens allein aufgrund des anhaltenden Angstzustands bei der betroffenen Ex-Frau.