Nach Urteil des LAG Köln stellt es keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter hochlobend und mit Gehaltserhöhung zum Verbleib im Betrieb bewegt, fünf Monate später aber eine ordentliche Kündigung ausspricht.

Der Sachverhalt

Der Betroffene wollte zu einer neuen Firma wechseln.  Als er deswegen sein altes Arbeitsverhältnis kündigen wollte, bat ihm sein Chef, die neue Stelle nicht anzutreten, da er doch sein "bester" und "vertrauensvollster" Arbeitnehmer sei und er zudem noch die größten Umsätze von allen Arbeitnehmern im Betrieb generiere.

Er könne nicht einfach auf ihn verzichten und bot  eine Gehaltserhöhung von 500 Euro an, für den Fall, dass er auf den beabsichtigten Wechsel verzichte.

Der geschmeichelte Mann trat tatsächlich nicht die neue Arbeitsstelle an und begründete seine Entscheidung gegenüber der Geschäftsführung des neuen Arbeitgebers damit, dass ein Dienstantritt aufgrund einer "bestimmten Klausel" in seinem bisherigen Arbeitsvertrag nicht möglich sei. Ein halbes Jahr später wurde er trotzdem von seinem "alten" Chef betriebsbedingt gekündigt.

Die Parteien streiten nun zweitinstanzlich darum, ob die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung trotz Nichteingreifen des § 1 KSchG wegen fehlender Betriebsgröße nach § 23 KSchG deshalb das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat, weil sie als widersprüchlich gegen Treu und Glauben verstieße.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln

Der gegebene Fall, dass der Arbeitgeber den Kläger, davon abgebracht hat, sein Arbeitsverhältnis aufzugeben und zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln, dieses unter Versprechen eines um 500,00 € erhöhten Gehaltes, ist unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht anders zu bewerten als die Abwerbung eines Arbeitnehmers von einem anderen Arbeitgeber.

Der Kläger hätte die Absage bei dem neuen Arbeitgeber davon abhängig machen können, dass der beklagte Arbeitgeber mit ihm, dem Kläger, den Ausschluss der ordentlichen Kündigung für eine bestimmte Zeit (im Sinne einer Mindestbefristung) vereinbarte. Dieses hat der Kläger indes nicht getan. Er hat das höhere Gehalt akzeptiert und ist bei seinem Arbeitgeber geblieben.

Wer sich von seinem bisherigen Arbeitgeber abwerben lässt und mit dem abwerbenden Arbeitgeber nicht vereinbart, dass die Kündigung für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist, übernimmt das Risiko, das ihm der neue Arbeitgeber vor Ablauf der in § 1 Abs. 1 KSchG bestimmten Frist von sechs Monaten ordentlich kündigt. Zur Wirksamkeit einer derartigen Kündigung in der Wartezeit bedarf es nicht des Vorliegens von personen- verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen. Es bedarf auch keines irgendwie gearteten - verständigen, sinnvollen oder sachlichen Grundes - für die Wirksamkeit der Arbeitgeberkündigung. Mit dieser Begründung bezieht sich das Gericht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht vom 24.10.1996 - 2 AZR 874/95.

Themenindex:
Kündigung, Treu und Glauben

Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 28.09.2012 - 4 Sa 569/12

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