Ist ein Mitarbeiter vom Arzt krankgeschrieben und wird in einem Fitnessstudio gesichtet, ist das noch lange kein Beweis dafür, dass seine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht ist. Der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu.

Der Sachverhalt

Ein Kfz-Prüfingenieur ließ sich Anfang Januar aufgrund eines grippalen Infekts krankschreiben. Der Mann legte für diese Zeit ein ärztliches Attest vor, wurde dann aber bei sportlichen Aktivitäten in einem Fitnessstudio beobachtet. Desweiteren hat er kurzzeitige Gutachtertätigkeiten bei Bekannten durchgeführt.

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien war ohnehin schon gestört. Der Arbeitgeber sah dies nun als Vortäuschung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, verweigerte die Gehaltszahlung und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Der Arbeitnehmer klagt vor Gericht.

Die Entscheidung

Aus dem Urteil geht folgender amtlicher Leitsatz hervor: Kurzzeitige Gutachtertätigkeit eines Kfz-Sachverständigen bei Bekannten und Fitness-Studio-Besuche stellen nicht in jedem Fall ein starkes Indiz gegen seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines grippalen Infekts dar.

Aus dem Urteil: [...] Den vom Kläger für diesen Zeitraum vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kommt ein hoher Beweiswert zu. Sie begründen eine tatsächliche Vermutung, dass der Kläger infolge Krankheit arbeitsunfähig war. Bezweifelt der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, dann muss er Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, näher darlegen und notfalls beweisen, um dadurch die Beweiskraft des Attests zu erschüttern. Es ist stets zu prüfen, ob diese Umstände so gravierend sind, dass sie ein starkes Indiz für die Behauptung des Arbeitgebers darstellen, die Krankheit sei nur vorgetäuscht worden (vgl. BAG, Urteil vom 26. August 1993 – 2 AZR 154/93 –; HWK-Schliemann, Arbeitsrechtskommentar, 4. Aufl., § 5 EFZG Rdn. 39) [...]

Fitnessstudio zur schnelleren Genesung

Im konkreten Fall hatte der Mann nur an einem grippalen Infekt gelitten und in dem Fitnessstudio lediglich leichtere Übungen gegen Nackenverspannungen ausgeführt. Was gerade nicht als Indiz für eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit gewertet werden kann. Sondern ganz im Gegenteil geeignet war, die Genesung voran zu bringen.

Der Arbeitnehmer habe somit einen Anspruch auf Fortzahlung des Festgehaltes als Krankenvergütung entsprechend dem Entgeltfortzahlungsgesetz.

Rechtsgrundlagen:
§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, §§ 305 ff. BGB, § 254 ZPO

Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 02.11.2011 - 9 Sa 1581/10

Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 17 Ca 1537/09

Quellen: Deutsche Anwaltshotline, LAG Köln
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