Einstandspflicht - Der Arbeitgeber hat gegenüber ehemaligen Arbeitnehmern, denen er Altersversorgungen über eine Pensionskasse versprochen hat, dafür einzustehen, wenn die Pensionskasse ihre Leistungen herabsetzt. Diese Einstandspflicht ergibt sich aus dem BetrAVG, so das Hessische Landesarbeitsgericht.

Der Sachverhalt

Hintergrund der gerichtlichen Auseinandersetzung war der Umstand, dass ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern arbeitsvertraglich zugesagt hatte, sie bei einer Pensionskasse anzumelden und die Beiträge dafür zu zahlen. Die Pensionskasse zahlte den ausgeschiedenen Mitarbeitern die Pensionen entsprechend den Versicherungsbedingungen. Im Jahre 2003 beschloss sie durch ihre Mitgliederversammlung, die Pensionen dauerhaft jährlich um 1,4% zu kürzen. Sie berief sich dafür auf eine Satzungsbestimmung, wonach bei Fehlbeträgen eine Leistungsherabsetzung möglich sei. Bei der Pensionskasse war ein Fehlbetrag in dreistelliger Millionenhöhe aufgetreten, der auch nicht aus der Verlustrücklage und der Auflösung von Gewinnrücklagen gedeckt werden konnte. Eine Klage der Rentenbezieher gegen die Pensionskasse blieb erfolglos. Darauf klagten die Pensionäre gegen ihren früheren Arbeitgeber und verlangten von ihm den Ausgleich der Herabsetzungen. Sie waren der Auffassung, dass ihr Arbeitgeber für die ursprünglich gezahlten Pensionen einzustehen habe. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, er habe keine weiteren Pflichten übernommen als die Beiträge an die Pensionskasse zu zahlen. Jedenfalls sei seine Leistungspflicht darauf beschränkt, was die Pensionskasse zu zahlen habe.

Die Entscheidung

Nach Abweisung der Klage durch das Arbeitsgericht hat die Berufung des Klägers Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber habe für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolge. Seine Einstandspflicht ergebe sich aus § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG.

Der Arbeitgeber habe die Versorgung nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen und den Tarifbedingungen versprochen. Sie sei nicht begrenzt auf die Höhe der tatsächlichen Zahlungen der Pensionskasse oder deren wirtschaftlicher Möglichkeiten. Das wäre nur bei einer reinen Beitragszusage der Fall, wie sie gerade nicht vorgelegen habe.

Versorgungsversprechen des Arbeitgebers

Zwar mag die Pensionskasse berechtigt gewesen sein, gemäß ihrer Satzung Fehlbeträge durch Herabsetzung der Leistungen auszugleichen. Diese Bestimmung gehöre aber nicht zur Leistungszusage des Arbeitgebers und schränke diese daher nicht ein. Die bei Pensionskassen üblichen Satzungsbestimmungen über Leistungsherabsetzung seien nicht Inhalt des Versorgungsversprechens des Arbeitgebers. Solche Satzungsbestimmungen dienten dazu, den Zusammenbruch von Pensionskassen zu verhindern. Sie beträfen jedoch nicht die vom Arbeitgeber zugesagte Versorgung, sondern erlaubten nur der Pensionskasse zum Ausgleich von Fehlbeträgen die zugesagte Leistung herabzusetzen. Dem Arbeitgeber werde dadurch kein entsprechendes, akzessorisches Recht eingeräumt. Im Ergebnis läge ansonsten eine bloße Beitragszusage vor - der Arbeitgeber wäre dann in der Tat nicht verpflichtet zu einer zuvor zugesagten bestimmten Versorgung, sondern allein dazu, die Beiträge zu zahlen. Allein der Arbeitnehmer trüge das Risiko, dass damit von der Pensionskasse gut gewirtschaftet werde.

Wenn Versorgungszusagen auf die Versicherungsbedingungen, Tarifbestimmungen und Satzungen einer Pensionskasse ausdrücklich oder stillschweigend Bezug nehmen würden, liege üblicherweise und regelmäßig eine dynamische Verweisung auf die Richtlinien in ihrer jeweiligen Fassung vor. Daraus ergebe sich aber keine Beschränkung der Verpflichtung des Arbeitgebers auf die von der Pensionskasse auf Grund des Herabsetzungsbeschlusses gezahlte Leistung. Mit ihrem Beschluss habe die Mitgliederversammlung die Tarif- und Versicherungsbedingungen der Pensionskasse nicht neu geordnet oder geändert. Der Beschluss habe allein im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern bestimmt, dass die Pensionskasse nicht die volle Leistung nach den Leistungsbestimmungen zu erbringen habe. Von diesem versicherungsrechtlichen Verhältnis sei die Versorgungszusage des Arbeitgebers zu trennen, deren Inhalt sich aus den Tarifbestimmungen und den allgemeinen Versicherungsbedingungen ergebe.

Würden satzungsgemäße Leistungsherabsetzungen wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Versorgungsträgers zu einer Entlastung des Arbeitgebers führen, widerspräche das dem Schutzzweck des § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Der Arbeitgeber solle durch die Einschaltung eines Dritten nicht entlastet werden, er soll gerade dann einstehen, wenn der Dritte nicht leistungsfähig sei. Deshalb müssten Leistungsherabsetzungen aufgrund von Satzungsbestimmungen, die dem Erhalt der Zahlungsfähigkeit des Dritten dienen, zum Eintritt des Arbeitgebers führten. Gerade eine Leistungsherabsetzung zur Vermeidung einer Insolvenz sei ein Fall, in dem der zur Durchführung des Versorgungsversprechens eingeschaltete Dritte dieses nicht erfülle und der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG dafür einzustehen habe. Herabsetzungen, durch die die Insolvenz des Versorgungsträgers vermieden werde, könnten nicht anders behandelt werden als ein Ausfall der Erfüllung durch eine Insolvenz. In letzter Fall bestehe aber kein Zweifel, dass der Arbeitgeber für die Erfüllung einzustehen hat.

Gegen diese Entscheidung ist die Revision zugelassen worden.

Vorinstanz:
Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 14. August 2008 - 11/12 Ca 1946/08 u.a.

Gericht:
Hess. LAG, Urteil vom 3. März 2010 - 8 Sa 187/09 - u.a.

Quelle: Hessisches Landesarbeitsgericht
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