Nürnberg (D-AH) - Im Zweifelsfall zu Lasten des vierbeinigen Angeklagten: Hat der Amtstierarzt einen seiner Ansicht nach gefährlichen Hund mit einem Leinenzwang belegt, ist die Sicherheitsmaßnahme solange aufrecht zu erhalten, bis ein Gericht in ausführlicher Hauptverhandlung zu einer anderen Entscheidung gelangt.

Mit dieser Abkehr von der vor deutschen Gerichten üblicherweise gültigen Unschuldsvermutung hat sich jetzt das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hervorgetan (Az. 11 ME 287/09).


Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (www.anwaltshotline.de) berichtet, soll ein 10-jähriger Boxer-Labrador in einen heftigen Kampf mit zwei weiteren Hunden auf einem fremden Grundstück verwickelt gewesen sein. Zwischen deren Halter und dem Besitzer des Mischlingsrüden war es darüber zu einer juristischen Auseinandersetzung gekommen, die immer noch nicht abgeschlossen ist. Zwar geht aus der von der behandelnden Tierärztin ausgestellten Rechnung inzwischen klar hervor, dass sich die ursprüngliche Unterstellung, der Boxer-Labrador habe einem der beiden anderen Hunde eine Bissverletzung zugefügt, nicht bestätigen lässt. Vielmehr sei bei einem der Tiere nur eine frühere Liegeschwiele aufgeplatzt, und der andere Hund habe überhaupt keine Verletzungen aufgewiesen. Trotzdem bleibt der zuständige Amtstierarzt bei seiner vorläufigen Auflage, dass der des Angriffs möglicherweise zu Unrecht beschuldigte Hund außerhalb des eingefriedeten Grundstücks seines Besitzers nur noch an einer reißfesten Leine ausgeführt werden darf.

Richter: Öffentliches Interesse lässt vorläufige Verschonung nicht zu


Und das mit Zustimmung der Lüneburger Oberverwaltungsrichter. Nach dem richterlichen Erkenntnisstand sei bei einem derart großen und schweren Tier nicht ohne ausführliche Begutachtung zu garantieren, dass der 55 cm große und 55 kg schwere Boxer-Labrador jederzeit auf die akustische Befehle seines Herren reagiert und damit von diesem im vollen Umfang kontrolliert werden kann. "Sollte er bis zu einer entsprechenden gerichtlichen Feststellung weiter frei umherlaufen, bestünde möglicherweise neuerliche Gefahr für andere Hunde, die dabei wiederum Schaden nehmen könnten", erklärt Rechtsanwalt Hans-Jürgen Leopold (telefonische Rechtsberatung unter 0900/1875000-0 für 1,99 Euro pro Minute). Vor allem würde der massige Hund bei Passanten ein Gefühl der Bedrohung hervorrufen, wenn er ungestüm auf diese zurennt. Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dies zu verhindern. Dahinter muss das Interesse des Hundebesitzers zurücktreten, bis zu einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung vom umstrittenen Leinenzwang verschont zu bleiben.

Quelle: Deutsche Anwaltshotline
Ähnliche Urteile:

Das Verwaltungsgericht Göttingen lehnte mit Beschluss einen Antrag ab, mit dem die Halterin eines Rottweilers verhindern wollte, dass sie ihren Hund außerhalb ihrer Wohnung ständig mit einer maximal drei Meter langen Leine halten soll. Urteil lesen

Einem Hundebesitzer wurde vom Landkreis Osnabrück aufgrund einer anonymen Beschwerde die Verpflichtung aufgegeben, seinen Golden-Retriever-Rüden außerhalb ausbruchsicherer Privatgrundstücke generell an der Leine zu führen. Zu Unrecht, entschied das Gericht. Urteil lesen

Ein Hund einer Verkäuferin, der sich eigenmächtig in den einzigen Eingangsbereich eines Ladengeschäfts begeben hat und dort so ruht, dass er den Zugang zum Geschäft versperrt, stellt ein gefährliches Hindernis dar. Stürzt und verletzt sich ein Kunde dadurch, haftet die Hundebesitzerin als Tierhalterin. Urteil lesen

Hundehalter haben keinen Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Unfalltod des Hundes. Die Verletzung oder Tötung von Tieren, mögen sie auch als schwerwiegend empfunden werden, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und begründen keine Schmerzensgeldansprüche. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de