Ein Polizeibeamter, der trotz einer Krankmeldung am Abend eine Tanzveranstaltung besucht, verstößt gegen seine Pflicht, alles Zumutbare für eine rasche Genesung zu unternehmen. Außerdem sei dieses Verhalten unkollegial, so das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Az. 10 L 6/14).

Der Sachverhalt

Wie die Deutsche Anwaltshotline berichtet, versuchte ein Polizeibeamter seine anstehende Nachtschicht mit einem Kollegen zu tauschen. Als ihm dies nicht gelang, meldete er sich für die Schicht krank, da er sich einen Nerv eingeklemmt habe. Nach einer verschlimmbessernden Behandlung durch eine Bekannte konnte der 48-jährige weder schmerzfrei liegen noch sitzen, sondern nur noch stehen und gehen. Am Abend holte ihn dennoch ein Freund mit dem Auto ab und die beiden besuchten bis ca. 2 Uhr morgens eine Tanzveranstaltung.

Als sein Arbeitgeber das erfuhr, kürzte er ihm seine monatlichen Dienstbezüge. Er habe durch den Besuch der Veranstaltung seine Genesung verzögert. Das wollte der Mann aber nicht hinnehmen und ging vor Gericht.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Az. 10 L 6/14)

Doch ohne Erfolg, wie das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in seinem Urteil (Az. 10 L 6/14) feststellte. Der Beamte habe gegen die ihm obliegende Genesungspflicht verstoßen. Nach der Behandlung durch die Freundin habe er nach eigener Aussage weder sitzen noch liegen können, sei aber trotzdem in ein Auto gestiegen und habe sich auch wieder nach Hause fahren lassen.

Ein Beamter, der in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit herbeizuführen (so BVerwG, U. v. 1. Juni 1999 -1 D 49.97 -; juris, Rdn. 54). Dies bedeutet umgekehrt, dass ein Beamter verpflichtet ist, alle Verhaltensweisen (nicht nur Nebentätigkeiten) zu unterlassen, die seinen Genesungsprozess verhindern oder auch nur verzögern können. Zur rechtlichen Beurteilung bedarf es keines Nachweises dahingehend, dass das Verhalten des Beamten den Genesungsprozess konkret behindert oder verzögert; vielmehr reicht es aus, dass das Verhalten des Beamten generell geeignet ist, seine alsbaldige und nachhaltige Genesung zu beeinträchtigen (so für den Fall einer Nebentätigkeit BVerwG., a. a. O., Rdn. 51).

Aus der beamtenrechtlichen Verpflichtung zur vollen Hingabe an den Beruf folgt, dass ein Beamter zur Erfüllung seiner Pflichten dem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat, so dass es ihm auch obliegt, diese Arbeitskraft im Interesse des Dienstherrn zu erhalten oder im Falle ihrer Einschränkung durch zumutbare Maßnahmen unverzüglich wiederherzustellen.

Themenindex:
Dienstpflicht, § 34 BeamtStG

Gericht:
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21.04.2015 - 10 L 6/14

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