Die Beweiskraft einer Postzustellungsurkunde erstreckt sich nicht auf die Frage, ob das im verschlossenen Umschlag enthaltene Schriftstück dem Kläger auch vollständig zugestellt worden ist. Sie erbringt nur den (vollen) Beweis dafür, dass dem Kläger das bezeichnete Schriftstück zugestellt worden ist.

Der Sachverhalt

Das Verwaltungsgericht (VG) Halle vertritt die Auffassung, dass die Klage wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist gem. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO unzulässig ist. Dabei geht das VG davon aus, dass der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten dem Kläger entgegen der von ihm aufgestellten Behauptung vollständig, d. h. einschließlich der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides zugegangen sei.

Hierfür spreche die Tatsache, dass ihm der angefochtene Bescheid ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Postzustellungsurkunde - durch Einwurf in den Briefkasten - ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die Postzustellungsurkunde begründe als öffentliche Urkunde i. S. d. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis für die Richtigkeit der beurkundeten Tatsachen.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (3 O 322/13)

Als öffentliche Urkunde erbringt die Postzustellungsurkunde gem. § 418 ZPO i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Als solche erbringt sie aber nur den (vollen) Beweis dafür, dass dem Kläger das in der Postzustellungsurkunde bezeichnete Schriftstück am fraglichen Tage in der angegebenen Weise unter der angegebenen Anschrift - hier nach dem vergeblichen Versuch der persönlichen Aushändigung - durch den benannten Postbediensteten zugestellt worden ist, so das OVG Sachsen-Anhalt (Az. 3 O 322/13).

Hingegen erstreckt sich die Beweiskraft der Urkunde nicht (zugleich) auf die hier streitbefangene Frage, ob das zumal im verschlossenen Umschlag enthaltene Schriftstück dem Kläger auch vollständig zugestellt worden ist, mithin der angefochtene Bescheid mit einer (ordnungsgemäße) Rechtsbehelfsbelehrung versehen war oder ob dies versehentlich unterblieben ist. Hierzu finden sich in der Postzustellungsurkunde naturgemäß keinerlei Angaben; der Postzustellungsurkunde kommt insoweit auch keine Beweiskraft zu.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Auf die Frage, ob der zugestellte Bescheid mit einer (ordnungsgemäßen) Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, kam es letztendlich nicht an.

Gericht:
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.08.2014 - 3 O 322/13

OVG Sachsen-Anhalt
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