Der BayVGH hat die Ausweisung eines in Deutschland geborenen und aufgewachsenen türkischen Staatsangehörigen mit minderjähriger deutscher Tochter bestätigt, der wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt worden ist.

Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Klägers nach den einschlägigen Vorschriften des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ANBA 1981 S.4) vom 19. September 1980 (ARB 1/80) sei, dass sich aufgrund einer Einzelfallprüfung herausgestellt habe, dass sein individuelles Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstelle. Dies sei nach den vom Kläger im Ergebnis nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts der Fall.

Aus der Entscheidung

Nach Auffassung des BayVGH ging das Verwaltungsgericht München in seinem mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung angefochtenen Urteil zu Recht davon aus, dass die Ausweisung in der konkreten Einzelfallkonstellation verhältnismäßig sei. Es treffe zwar zu, dass die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, Ehe und Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurückdränge, wenn die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik stattfinden könne. Auch seien aufenthaltsbeendende Maßnahmen unter diesen Voraussetzungen in der Regel unverhältnismäßig und damit unzulässig.

Angesichts der Schwere der vom Kläger begangenen Straftat (versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) und der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr sei es hier jedoch ausnahmsweise hinzunehmen, wenn die persönlichen Kontakte zwischen ihm und seiner Tochter nur noch durch Briefe und Telekommunikation sowie gelegentliche Besuche aufrechterhalten werden könnten. In Anbetracht der erheblichen Wiederholungsgefahr, die nach seiner Persönlichkeitsstruktur, seiner bisherigen kriminellen Karriere und seinem Verhalten in der Haft vom Kläger ausgehe, stelle seine Ausweisung auch keine unangemessene Beeinträchtigung des Rechts auf Familienleben nach der Europäischen Menschenrechtskonvention dar. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage auch nicht deshalb stattgeben müssen, weil die Ausweisung nicht von Anfang an befristet ausgesprochen wurde.

Gericht:
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 19.11.2013 - 10 ZB 11.1227

BayVGH, PM
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