Einbürgerung: Einem ausländischen Analphabeten kann nach Ermessen die Einbürgerung abgelehnt werden. Der seit 1989 im Bundesgebiet wohnende Kläger hat keine ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen, um Mindestkenntnisse der Schriftsprache zu erwerben.

Der Sachverhalt

Einem 1970 geborenen Türken wurde gemäß § 8 StAG seine Einbürgerung abgelehnt, da er nicht nicht Deutsch lesen konnte. Seit 1989 wohnt er mit seiner Ehefrau im Bundesgebiet und ist als Asylberechtigter anerkannt. 1995 erlangt er einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Da er aber weder lesen noch schreiben konnte, wurde ihm 2002 ein Einbürgerungsantrag abgelehnt. Dagegen wehrte er sich und der Fall ging bis zum Bundesverwaltungsgericht.

Die Entscheidung

Der klagende Türke hat als Analphabet weder nach der früheren, noch nach der derzeitigen Rechtslage (nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 StAG) einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung. Die danach allein in Betracht kommende, von der Beklagten ebenfalls abgelehnte Ermessenseinbürgerung (nach § 8 StAG) ist von den Verwaltungsgerichten nur auf Ermessensfehler zu überprüfen.

Kenntnis der deutschen Schriftsprache

Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass die Einbürgerungsbehörde mit erheblichem Gewicht berücksichtigen darf, wenn ein Bewerber nicht lesen kann. Der Kenntnis der deutschen Schriftsprache ist eine sehr hohe, hier ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Einbürgerungsbehörde ist daher auch bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen zu einer Ermessenseinbürgerung nicht verpflichtet, wenn der Analphabetismus - wie hier beim Kläger - nicht krankheits- oder behinderungsbedingt ist und auch keine sonstigen besonderen Härtegründe vorliegen. In solchen Fällen ist es nicht ermessensfehlerhaft, die Einbürgerung abzulehnen.

Keine Bemühungen zum Erlernen der Schriftsprache

Die Einbürgerungsbehörde durfte dem klagenden Türken auch entgegenhalten, dass er keine ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um wenigstens Mindestkenntnisse der Schriftsprache zu erlangen. Es gibt aber auch hier Ausnamhen: Die Behörde kann bei fehlenden Kenntnissen nur der Schriftsprache im Einzelfall rechtmäßig auch anders entscheiden und nach ihr vorbehaltenen Zweckmäßigkeitserwägungen eine Einbürgerung gewähren, etwa wenn andere beachtliche Integrationsleistungen vorliegen. Ein einklagbarer Anspruch hierauf besteht jedoch nicht, so die Richter.

Rechtsgrundlagen:
§ 8 StAG
§ 10 Abs. 1 Nr. 6 StAG

Gericht:
BVerwG 5 C 8.09 - Urteil vom 27. Mai 2010

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