Der als "Knöllchen-Horst" bekannt gewordene Mann hatte es sich zur Aufgabe gemacht, vermeintliche oder tatsächliche Verkehrsverstöße anderer Verkehrsteilnehmer zur Anzeige zu bringen. Über die Jahre wurden über 50.000 Anzeigen erstattet, in denen er auch die Aufnahmen seiner Dashcam als "Beweis" vorlegte. Nun muss er seine Dashcam ausschalten.

Der Sachverhalt

"Knöllchen-Horst" hatte es sich zum Hobby gemacht, vermeintliche oder tatsächliche Verkehrsverstöße anderer Verkehrsteilnehmer auch bei fehlender eigener Betroffenheit zur Anzeige zu bringen. Als Beweismittel hatte er auf Fotos und Videosequenzen der an Front- und Heckscheibe seines Kfz befestigten sogenannten Dashcams zurückgegriffen.

Dies geschah auch, nachdem die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen angedroht hatte, dass im Falle eines erneuten Einsatzes einer Dashcam zur Dokumentation von Verkehrsordnungswidrigkeiten ein neues Bußgeldverfahren bzw. ein Untersagungsverfahren eingeleitet werden würde.

Die Landesdatenschutzbeauftrage hatte deshalb die Verwendung dieser Kameras zur Dokumentation des Verkehrsgeschehens untersagt und die Löschung der datenschutzwidrig angefertigten Videoaufnahmen angeordnet.

Die Entscheidung

Zu Recht, wie nun das Verwaltungsgericht Göttingen (Beschluss, 1 B 171/16) entschieden hat. Die öffentliche Aufgabe der Gewährleistung eines gesetzeskonformen Straßenverkehrs obliegt ausschließlich den Straßenverkehrsbehörden und der Polizei, nicht aber privaten Dritten. Die Beobachtung ist nicht gem. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig, da sie nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat folgende Leitsätze aufgestellt:

  1. Die Nutzung von Dashcams im Straßenverkehr zum Selbst- und Eigentumsschutz sowie zur Beweisdokumentation stellt keine ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 3 und § 27 Abs. 1 S. 2 BDSG dar, sodass der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes eröffnet ist.
  2. Die Beobachtung anderer Verkehrsteilnehmer zur Dokumentation von Verkehrsordnungswidrigkeiten ohne eigene Betroffenheit stellt keine Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG dar.
  3. Bei der permanenten anlasslosen Beobachtung des Straßenverkehrs mittels Dashcam bestehen Anhaltspunkte i. S. d. § 6 Abs. 1 BDSG dafür, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Verkehrsteilnehmer die auf Selbst- und Eigentumsschutz gerichteten Interessen des Beobachtenden überwiegen (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 12.08.2014 - AN 4 K 13.01634 -, juris, Rn. 59 f.).

Rechtsgrundlagen:
§ 27 BDSG, § 3 BDSG, § 38 Abs 5 BDSG, § 4 Abs 1 BDSG, § 6b BDSG, § 80 Abs 5 VwGO

Gericht:
Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 12.10.2016 - 1 B 171/16

VG Göttingen
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