Als er seinem Versicherungsvertreter gegenüber saß, gab ein Mann aus Scham bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung nicht an, dass er unter einer erektilen Dysfunktion (Potenzstörung) leidet. Die Versicherung erklärte die Anfechtung des Vertrages.

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Nikolaos Penteridis

Einige Versicherungen sind nicht nur wichtig, sondern auch von existenzieller Bedeutung. Hierzu gehört auch die private Krankenversicherung. Bevor man Kunde einer privaten Krankenversicherung werden kann, muss man sogenannte Gesundheitsfragen beantworten, Sie müssen also zum Beispiel angeben, wann und warum Sie beim Arzt waren.

Genauigkeit und Ehrlichkeit ist hier wie bei allen Versicherungen besonders wichtig. Denn wenn etwas nicht angegeben wird, kann eine Versicherung den Vertrag anfechten. Anfechtung bedeutet: Es wird dann so getan, als ob der Vertrag von Anfang an nicht bestanden hätte. Eine gefährliche Situation in der privaten Krankenversicherung. Wenn es nämlich von Anfang an keinen Vertrag gab, aufgrund dessen die Versicherung zahlen muss, müssen Sie als Kunde die Kosten, die die Versicherung bezahlt hat, erstatten.

Dieser gefährlichen Situation sah sich auch ein Mann aus Ostwestfalen ausgesetzt. Bei Abschluss des Versicherungsvertrages gab er nämlich nicht an, dass er unter einer erektilen Dysfunktion leidet. Dieses erfuhr die Versicherung durch einen ärztlichen Bericht, nachdem der Vertrag abgeschlossen worden war. Sie tat das, was jede Versicherung in dieser Situation tut: Sie hat den Vertrag angefochten.

Das wollte der Kunde nicht auf sich sitzen lassen, er rechtfertigte sich so: Es stimme, er habe tatsächlich die erektile Dysfunktion nicht angegeben. Aber nicht, weil er die Versicherung hinters Licht führen wollte. Nein, er habe das dem Versicherungsvertreter, der den Antrag ausgefüllt hat, nur deswegen nicht erzählt, weil er sich geschämt habe. Das sei doch ein nachvollziehbarer Grund.

Die Versicherung stellte sich quer und akzeptierte diese Begründung nicht. Sie meinte: Auch wenn er sich geschämt habe, so hätte er dennoch alles - und zwar wirklich alles - erwähnen müssen, also auch die erektile Dysfunktion.

Es kam, wie es kommen musste. Der Kunde traf sich mit seiner Versicherung in Gestalt deren Anwälte vor Gericht. Das zuständige Landgericht in Dortmund verhandelte in einem hitzigen Termin diesen doch brisanten Fall. Die Versicherung beharrte auf ihre Position. Sie ergänzte, dass sie den Vertrag so nicht abgeschlossen hätte, wenn sie von Anfang an gewusst hätte, dass er unter einer erektilen Dysfunktion leide.

Die Entscheidung

Wir konnten das Gericht davon überzeugen, dass dieses kein durchgreifendes Argument sei. Es sei nicht nur nachvollziehbar, dass sich der Kunde geschämt hat. Eines müsse unbedingt bedacht werden: Denn selbst wenn die Versicherung von Anfang die erektile Dysfunktion gekannt hätte, hätte sie den Vertrag genau so abgeschlossen wie es tatsächlich geschehen ist. Denn eine private Krankenversicherung erstatte keine Kosten, die im Zusammenhang stehen mit einer erektilen Dysfunktion stehen. Und wenn sie dafür nichts zahlen muss, dann muss der Kunde es auch nicht erwähnen.

Dieses zutreffende Argument hat die Richter überzeugt, sie gaben dem Kunden Recht gab. Es stellte fest: Die Anfechtung ist rechtswidrig. Außerdem muss die Versicherung die gesamten Kosten des Rechtstreites tragen.

Unser Mandant ist also weiterhin privat krankenversichert.

Und die Moral von der Geschicht`: Geben Sie beim Abschluss von Versicherungen alles an. Und falls Sie sich tatsächlich für etwas schämen sollten, so reichen Sie es dann doch zumindest schriftlich nach.

Aktenzeichen 2 O 452/12 (nicht rechtskräftig)

Falls es doch zu einem Rechtsstreit kommen sollte, ist die professionelle Beratung durch erfahrene Rechtsanwälte angeraten.

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Rechtsanwalt Penteridis

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