Ein Autofahrer schob seinen Fahrersitz so weit nach hinten, dass er den dahinter abgestellten Laptop seiner Beifahrerin beschädigte. Die Privathaftpflichtversicherung übernahm den Schaden nicht, weil der Vertrag die sog. "Kleine Kraft-, Luft- und Wasserfahrzeugsklausel" enthielt.

Der Sachverhalt


Der Versicherungsnehmer beschädigte den Laptop seiner Bekannten. Er setzte sich im Auto der Bekannten auf den Fahrersitz, da er das Steuer übernehmen wollte. Um gut sitzen zu können, schob er den Fahrersitz vollkommen nach hinten, bis dieser in der letzten Position einrastete. Hierdurch geriet der Laptop der Bekannten, welchen diese hinter dem Fahrersitz abgestellt hatte, zwischen Fahrersitz und Rückbank und wurde eingequetscht. Der Bildschirm des Laptops zerbrach dabei. Die Bekannte kaufte sich einen neuen Laptop und bekam den Kaufpreis in Höhe von 1008,99 Euro von dem Versicherungsnehmer erstattet.

Dieser wollte nun den Schaden von seiner Versicherung erstattet haben. In den Versicherungsbedingungen war die sogenannte "Kleine Kraft-, Luft- und Wasserfahrzeugklausel" enthalten. Danach sind Schäden nicht versichert, die von einem Eigentümer, Besitzer, Halter oder Führer eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs verursacht wurden und die durch den Gebrauch des Fahrzeugs entstanden sind.

Der Versicherungsnehmer vertritt die Meinung, dass die sogenannte "Kleine Kraft-, Luft- und Wasserfahrzeugklausel“ nicht nicht greife. Der Schaden sei durch seine Unachtsamkeit entstanden und nicht durch den Gebrauch des Fahrzeugs im herkömmlichen Sinn. Die Versicherung sah dies anders. Das Einstellen des Fahrersitzes diene bereits der Vorbereitung der Fahrt und gehöre damit zum Betrieb des Fahrzeugs.

Die Entscheidung

Die Versicherungsklausel sei anwendbar, so dass eine Einstandspflicht der Versicherung ausscheide. Wann der Gebrauch eines Fahrzeugs vorliege, sei weit auszulegen. Hiervon umfasst seien auch Schäden, die nicht den Risiken des Straßenverkehrs zuzuordnen seien. Voraussetzung sei nur, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen Schadenseintritt und Gebrauch des Fahrzeugs bestehe. Es müsse sich eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen sei.

Auch Vorgänge, die konkret erst der Vorbereitung des Ingangsetzens des Kraftfahrzeugs dienen, können Gebrauch des Fahrzeugs sein, jedenfalls dann, wenn sich dabei die besonderen Gefahren des Fahrzeugs auswirken.

Im vorliegenden Fall habe das Zurückstellen des Fahrersitzes durch den Kläger der Vorbereitung des anschließenden Losfahrens mit dem Fahrzeug gedient. Die Rechtsprechung habe in der Vergangenheit auch das Beladen und Entladen noch zum "Gebrauch" eines Kfz gezählt. Wenn sogar das Be- und Entladen als Vorbereitungshandlung dem Gebrauch zuzuordnen sei, dann jedenfalls auch das vorbereitende Einstellen des Sitzes.

Dabei habe sich auch die spezifische Gefahr des Fahrzeugs verwirklicht, da der Laptop gerade durch ein Fahrzeugteil, den Fahrersitz, unmittelbar beschädigt wurde. Dabei sei diese Gefahr auch vom Sitz und nicht unmittelbar vom Kläger ausgegangen, auch wenn dieser natürlich hinter der Handlung gestanden habe.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 28.10.10 - 222 C 16217/10 (rechtskräftig)

Quelle: AG München PM 53/11
Redaktion Rechtsindex
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