Im vorliegenden Fall hatte ein Mann mit seinem Auto stark abgebremst und war dann in seine Hauseinfahrt eingebogen. Zwei nachfolgende Fahrer konnten noch gerade rechtzeitig abbremsen. Dem dritten Fahrer gelang das nicht. Er fuhr auf das vorausfahrende Auto auf.

Hintergrundinformation

Bei einem Auffahrunfall stellt sich schnell die Frage, wer für den Schaden verantwortlich ist und für ihn aufzukommen hat. Auch wenn zunächst einmal die Kfz-Versicherungen zahlen, wird die Frage der Haftung spätestens dann relevant, wenn die zahlende Versicherung die Versicherungsprämie wegen des Schadens heraufsetzen möchte.

Der erste Anschein spricht bei einem Auffahrunfall gegen den Auffahrenden. Es liegt nahe, dass er zu schnell, zu unaufmerksam oder ohne den erforderlichen Abstand gefahren ist. Den Vorausfahrenden kann aber ein sogenanntes Mitverschulden treffen. Das Gericht muss dann im Einzelfall die Verschuldensanteile abwägen.

Der Sachverhalt

In einem vor dem 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg verhandelten Fall aus Aurich hatte ein Mann stark abgebremst und war dann in seine Hauseinfahrt eingebogen. Die beiden nachfolgenden Fahrer konnten noch gerade rechtzeitig abbremsen. Das gelang dem dritten nachfolgenden Fahrer nicht. Er fuhr auf das vorausfahrende Auto auf.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht gewichtete die Verschuldensanteile in seinem Urteil (Az. 1 U 60/17) mit 2/3 auf Seiten des Auffahrenden und 1/3 auf Seiten des Abbremsers. Zwar spreche der erste Anschein gegen den Auffahrenden. Man müsse immer damit rechnen, dass ein vorausfahrendes Auto abrupt anhalte, zum Beispiel, weil ein Kind auf die Fahrbahn laufe. Den beiden vorausfahrenden Autos sei es schließlich auch gelungen, noch rechtzeitig abzubremsen.

Vollbremsung aus dem Nichts

Vorliegend treffe aber auch den Abbremser ein erhebliches Mitverschulden. Die Zeugen hätten berichtet, dass er eine "Vollbremsung aus dem Nichts" gemacht und dazu noch nicht einmal geblinkt habe. Hintergrund war wohl, dass sich der Fahrer durch einen Überholversuch seines Hintermannes provoziert gefühlt und diesen durch das plötzliche Abbremsen habe maßregeln wollen, so der Senat. Bei einem solche Verhalten müsse er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Dieses bewertete der Senat im konkreten Fall mit 1/3.

Gericht:
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 26.10.2017 - Az. 1 U 60/17

OLG Oldenburg, PM 02/2018
Rechtsindex - Recht & Urteile

Ähnliche Urteile:

Stellt sich auf einem Feldweg ein Fußgänger vor ein heranfahrendes Motorrad und will es am Vorbeifahren hindern, trifft dem Fußgänger eine hälftige Mitschuld, wenn es zur Kollision kommt. Selbst wenn das Motorrad gar nicht für den öffentlichen Verkehr zugelassen war. Urteil lesen

Auch wenn die Höchstgeschwindigkeit eingehalten wird, haftet ein Unfallgeschädigter mit, wenn er bei Dunkelheit nicht so angepasst fährt, dass er innerhalb einer überschaubaren Strecke rechtzeitig vor einem Hindernis anhalten kann. Urteil lesen

Haftungsverteilung - Ein rechtsabbiegender Autofahrer, der mit einem Radfahrer kollidiert der auf dem Radweg in falscher Richtung unterwegs ist, hat seinen Schaden zu zwei Drittel selbst zu tragen, wenn er den Radfahrer schon kommen sah. Urteil lesen

Rechtstipp: Welcher Autofahrer kennt und verabscheut ihn nicht – den Stau? Unmut macht sich breit, wenn sich die Stauursache als leichter Auffahrunfall darstellt, bei dem lediglich die Stoßstangen Kratzer davongetragen haben. Warum fahren die Leute nicht zur Seite, sondern blockieren eine komplette Spur? Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de