Wer ein Auto kauft, muss sich auf die Angaben des Verkäufers verlassen können. Was viele nicht wissen: Der Verkäufer muss in jedem Fall über einen Unfall aufklären. Dies gilt auch für reine Blechschäden, die er für unbedeutend hält. Ansonsten handelt der Verkäufer arglistig.

Der Sachverhalt

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall ging es um den Kauf eines Gebrauchtwagens. Der Käufer war der Meinung, den Mitarbeiter des Verkäufers ausdrücklich danach gefragt zu haben, ob es sich um ein Unfallfahrzeug handele.

Dieser hatte das jedoch verneint. Allerdings wusste der Käufer, dass ein Kotflügel und ein Stoßfänger ersetzt worden waren. Ihm waren auch die Reparaturkosten in Höhe von über 2.000 Euro bekannt. Als nach rund einem Jahr festgestellt wurde, dass der Wagen zwei Unfälle gehabt hatte, wollte der Mann den Kauf rückgängig machen.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig

Der Mann darf den Kauf rückgängig machen, entschied das Oberlandesgericht Braunschweig (Urteil, Az. 8 U 163/13). Der Käufer sei arglistig getäuscht worden. Es habe sich um einen Unfallwagen gehandelt, was der Verkäufer jedoch verschwiegen habe. Das Gericht ging davon aus, dass der Käufer ausdrücklich danach gefragt hatte. Hinsichtlich der Reparaturen habe der Verkäufer den Anschein erweckt, es habe sich um Schönheitsreparaturen und Ausbesserungen gehandelt. Im Übrigen müsse der Verkäufer auch über Blechschäden aufklären.

Frage des Käufers nach vorhandenen Unfallschäden

In dem Fall, dass - wie hier - der Käufer fragt, ob der Gebrauchtwagen in einen Unfall verwickelt war, ist der Verkäufer oder dessen Vertreter verpflichtet, Beschädigungen des Fahrzeuges auch dann mitzuteilen, wenn es sich nach seiner Auffassung lediglich um etwaige "Blechschäden" ohne weitere nachteilige Folgen handelt. Denn es kann keinesfalls dem Ermessen des ausdrücklich um Aufklärung gebetenen Verkäufers oder seines Vertreters überlassen bleiben, den erlittenen Schaden für unerheblich, für den Käufer nicht wesentlich und deshalb nicht der Mitteilung für wert zu erachten.

Der Verkäufer muss vielmehr, um den Vorwurf der Arglist zu vermeiden, durch die Mitteilung dessen, was ihm bekannt gegeben wurde, dem Käufer den Entschluss überlassen, ob er den Wagen überhaupt bzw. zu diesem Preis erwerben will (vgl. BGH, Urteil v. 29.06.1977, Tz. 16 - VIII ZR 43/76). Der Verkäufer hat das volle Ausmaß des Unfallschadens und die zur Instandsetzung erforderlichen Arbeiten mitzuteilen (OLG Saarbrücken, OLGR Saarbrücken 2000, 525; OLG Hamm DAR 1994, 401; OLG Karlsruhe, MDR 1992, 645). Er darf insbesondere den Unfall und den Umfang des Schadens nicht bagatellisieren (BGH, Urteil vom 03.12.1986, Tz. 16 - VIII ZR 345/85 - WM 1987, 137; OLG Saarbrücken a.a.O.).

Wenn der Käufer nicht nach Unfallschäden fragt...

Im Übrigen hätte der Verkäufer B. auch ohne Nachfrage von sich aus auf die fehlende Unfallfreiheit hinweisen müssen. Danach muss der Verkäufer eines Gebrauchtwagens einen Schaden oder Unfall, der ihm bekannt ist oder mit dessen Vorhandensein er rechnet, grundsätzlich auch ungefragt dem Käufer mitteilen, wenn er sich nicht dem Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will, es sei denn, der Schaden oder Unfall war so geringfügig, dass er bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil v. 10.10.2007, Tz. 20 - VIII ZR 330/06).

Grenze für nicht mitteilungspflichtige "Bagatellschäden"

Die Grenze für nicht mitteilungspflichtige "Bagatellschäden" ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Als "Bagatellschäden" hat der Bundesgerichtshof bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war. Ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung. Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann der Käufer, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als einem "Bagatellschäden" gekommen ist.

Bei Reparaturkosten in Höhe von ca. 2.000,00 €, wie im vorliegenden Fall, kann jedoch nicht mehr von einem bloßen "Bagatellschaden" ausgegangen werden.

Gericht:
Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 14.01.2015 - 8 U 163/13

OLG Braunschweig, ARGE Verkehrsrecht
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