An der Einfahrt eines Recyclinghofes war ein Schild angebracht, wonach Beladetechnik Vorfahrt hat. Auf dem Gelände kam es dann zur Kollision zwischen einem PKW und dem Radlader. Der Fahrer des Radladers konnte aber aufgrund der angehobenen Ladeschaufel das Fahrzeug gar nicht sehen.

Der Sachverhalt

Der Kläger besuchte mit seinem PKW Opel Corsa den Recyclinghof in Aschersleben, um dort Grünschnitt zu entsorgen. Nachdem der Kläger mit seinem Fahrzeug bereits angehalten hatte fuhr ein Mitarbeiter der Beklagten mit seinem Radlader gegen den Pkw des Klägers.

Fahren ohne Sicht

Der Fahrer des Radladers konnte aufgrund der erhobenen und gefüllten Ladeschaufel das Fahrzeug des Klägers nicht sehen. An der Einfahrt des Recyclinghofes war ein Schild angebracht, wonach Beladetechnik Vorfahrt hat.

Das Urteil des Landgerichts Magdeburg (10 O 241/14)

Ungeachtet des Schildes hat der Fahrer des Radladers gegen das Rücksichtnahmegebot des § 1 StVO verstoßen. Der Betriebsmitarbeiter ist über das Gelände gefahren, obwohl er wusste, dass er aufgrund der erhobenen beladenen Schaufel überhaupt nicht sehen konnte, wohin er fuhr.

Fahren quasi im "Blindflug", ohne auf den Weg zu achten, ist jedoch auch bei Ladetätigkeiten auf einem Betriebsgelände nicht erlaubt. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier mit anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen ist, da der Recyclinghof geöffnet ist.

Der Kläger bekommt daher seinen Schaden in Höhe von rund 3.500 € darunter Mietwagenkosten für die Dauer der Reparatur in Höhe von rund 1.600 € ersetzt.

Gericht:
Landgericht Magdeburg, Urteil vom 27.11.2014 - 10 O 241/14

LG Magdeburg
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