Rechtstipp - Hat ein anderer als der Halter ein Fahrzeug verbotswidrig geparkt und wird dieses sodann abgeschleppt, muss die Behörde die Abschleppkosten vorrangig von dem namentlich bekannten Fahrer verlangen. Laut ARAG Experten darf nur auf den Halter zurückgegriffen werden, wenn die Inanspruchnahme des Fahrers aussichtslos ist.

Wenn der Name und die Anschrift des Fahrers bekannt sind, muss die Behörde die Abschleppkosten vorrangig vom Fahrer zu verlangen. Dies hat das Verwaltungsgericht Oldenburg entschieden und der Klage der Halterin eines Pkw gegen einen Bescheid der Stadt Oldenburg über die Heranziehung zu Abschleppkosten stattgegeben.

Dem Verfahren lag zugrunde, dass die Klägerin im Jahr 2007 von ihrem Ehemann zu einer Frauenarztpraxis in der Oldenburger Innenstadt gefahren werden musste, weil bei ihr während der Schwangerschaft Komplikationen aufgetreten waren. Da kein anderer Parkplatz in Nähe der Arztpraxis frei war, stellte der Ehemann den Pkw auf einem Behindertenparkplatz ab und begleitete seine Frau in die Praxis. Zuvor hatte er am Parkscheinautomaten einen Parkschein für eine Stunde gezogen. Nach ca. einer Stunde bemerkten zwei Mitarbeiterinnen der Stadt Oldenburg den vorschriftswidrig auf dem Behindertenparkplatz abgestellten Pkw und riefen ein Abschleppfahrzeug. Noch bevor es zum Abschleppen kam, erschien der Ehemann der Klägerin, erläuterte den Sachverhalt und fuhr das Fahrzeug weg. Die Stadt Oldenburg erließ gegen die Klägerin einen Bescheid, mit dem sie 69,63 EUR Gebühren und Auslagen für die Leerfahrt des Abschleppwagens verlangte.
Richter: Ehemann parkte verbotswidrig

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Verwaltungsgericht hob den Kostenfestsetzungsbescheid der Stadt Oldenburg auf. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass die Abschleppkosten jedenfalls nicht von der Klägerin, sondern allenfalls von deren Ehemann hätten erhoben werden dürfen. Der Stadt sei bekannt gewesen, dass nicht die Klägerin als Halterin des Fahrzeugs, sondern deren Ehemann das Fahrzeug verbotswidrig geparkt habe.
Richter: Behörde muss Abschleppkosten vorrangig vom Fahrer verlangen, wenn dessen Name und Anschrift bekannt sind

Wenn aber feststehe, dass nicht der Halter, sondern ein anderer ein Fahrzeug verbotswidrig geparkt habe, und wenn der Name und die Anschrift dieses anderen der Behörde bekannt sind, hat die Behörde die Abschleppkosten vorrangig vom Fahrer zu verlangen. Auf den Halter darf in solchen Fällen nur zurückgegriffen werden, wenn die Inanspruchnahme des Fahrers aussichtslos ist (z.B. weil er insolvent ist). Dass die Stadt Oldenburg nach eigenen Angaben Abschleppkosten immer vom Fahrzeughalter verlangt, ist deshalb nach Auffassung des Gerichts mit diesen rechtlichen Anforderungen nicht vereinbar. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung Berufung eingelegt werden, über die dann das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu entscheiden hätte.

ARAG, Pressemitteilung VG Oldenburg
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