Überholt ein PKW-Fahrer im Bereich eines Bahnübergangs trotz Überholverbot einen verbotswidrig (durchgezogene Linie) nach links abbiegenden PKW und es kommt zum Zusammenstoß haften beide Fahrer zu je 50 %, so das Urteil des LG Magdeburg.

Der Sachverhalt

Der Kläger fuhr mit seinem Audi im Landkreis Harz und wollte unmittelbar hinter einem Bahnübergang mit seinem Fahrzeug nach links in ein Grundstück abbiegen, um einen Parkplatz zu erreichen. Vor und hinter dem Bahnübergang befand sich eine durchgezogene Mittellinie (Zeichen 295, § 35a StVO).

Als der Kläger über die durchgezogene Mittellinie nach links auf den Parkplatz abbog, kam es zu einer Kollision mit einem VW Golf. Der Golf-Fahrer hatte verbotswidrig im Bereich des Bahnübergangs einen hinter dem Audi befindlichen Pkw überholt und kollidierte schließlich mit dem Audi, weil dieser nach links abbog. An beiden Fahrzeugen entstanden Sachschäden. Die Insassen blieben unverletzt.

Die Entscheidung

Das Gericht hat entschieden, dass beiden Fahrern gleichschwere Verkehrsverstöße zur Last zu legen sind. Der Audi-Fahrer hat beim Linksabbiegen verbotswidrig die durchgezogene Mittellinie überholt. Zudem hätte er sich beim Abbiegen in ein Grundstück so verhalten müssen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Hier hat wohl der Schulterblick gefehlt.

Der VW-Fahrer hat gegen die Verkehrsregeln verstoßen, wogegen man sich Bahnübergängen nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern und Kraftfahrzeuge dort nicht überholt werden dürfen.

Das Urteil ist seit Anfang April 2012 rechtskräftig. Der Audi-Fahrer hatte zunächst Berufung gegen das Urteil eingelegt. Nachdem das Oberlandesgericht Naumburg den Kläger darauf hinwies, dass es die Auffassung des Landgerichts teilt und beabsichtigt die Berufung zurückzuweisen, hat der Kläger die Berufung zurückgenommen.

Themenindex:

Haftungsquote, Quotelung, Betriebsgefahr

Rechtsgrundlagen:
§ 9 Abs. 5 StVO
§ 19 Abs. 1 StVO

Gericht:
Landgericht Magdeburg, Urteil vom 06.10.2011 - 10 O 1030/11

LG Magdeburg, PM Nr. 27/2012
Rechtsindex
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