Spontane, an der Unfallstelle abgegebene Äußerungen reichen in späteren gerichtlichen Auseinandersetzungen kaum als hinreichend verlässliches Schuldanerkenntnis aus. Die Äußerungen sind nur als Unfallschilderung in die freie Beweiswürdigung einzubeziehen.

Der Sachverhalt


Nach einem Beitrag der Deutschen Anwaltshotline (www.anwaltshotline.de), hatte ein Peugeot 308 einen BMW 318d gerammt. Die deutsche Limousine stand am Straßenrad und war offenbar gerade wieder im Anfahren begriffen, als der französische Pkw zu dicht und wahrscheinlich zu schnell vorbei fuhr. Trotzdem räumte die BMW-Fahrerin noch vor Ort ein, sie sei es wohl, die den Unfall verursacht habe.

Was allerdings den eigentlichen Halter des Fahrzeugs spätestens vor Gericht nicht davon abhielt, seinen 8.175,56 Euro teuren Schaden auf der Grundlage einer 100%-igen Haftung  von der seiner Ansicht nach unaufmerksamen Raserin im Peugeot einfordern zu wollen. Die dem zwar widersprechende Eigenbezichtigung der Frau hinter dem Steuer seines Wagens sei nämlich unglaubwürdig und damit nicht ausreichend für die endgültige Schuldzuweisung.

Die Entscheidung

Eine Einschätzung, der sich die Saarbrückener Oberlandesrichter anschlossen. "In einem Verkehrsunfallprozess sind alle spontanen Äußerungen an der Unfallstelle über die Schuldfrage nach dem Unfallgeschehen aus Erfahrung eher zurückhaltend zu beurteilen". Auch hier habe - bei näherem Hinsehen - die noch unter dem Eindruck des Geschehens stehende BMW-Fahrerin keine ihre Schuld eingestehende Erklärung abgegeben, sondern vielmehr lediglich das Unfallgeschehen geschildert.

Schuldanerkenntnis

Dazu aus dem Urteil: [...] Schuldanerkennende Erklärungen können vielfältige Rechtswirkungen besitzen: So liegt ein konstitutives Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB vor, wenn der Anerkennende unabhängig vom Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung schaffen will, die auch dann ihre Rechtswirksamkeit bewahren soll, wenn der ursprüngliche Anspruch nicht besteht (Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 781 Rdnr. 2; vgl. BGH, Urt. v. 4.4.2000, XI ZR 152/99, NJW 2000, 2984). Auch das deklaratorische Schuldanerkenntnis verkörpert eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, mit der der Anerkennende eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigen will oder in einem bestehenden Schuldverhältnis einzelne Einwendungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen will (BGH, Urt. v. 1.12.1994, VII ZR 215/93, NJW 1995, 960; Urt. v. 10.6.2008, XI ZR 348/07, NJW 2008, 3425). Die Abgabe eines bestätigenden Schuldanerkenntnisses kommt nur dann in Betracht, wenn die Beteiligten besonderen Anlass für ein Anerkenntnis besaßen. In der Rechtsprechung wird ein solcher Anlass insbesondere darin erblickt, wenn zunächst Streit oder Ungewissheit über das Bestehen der Schuld geherrscht hat (BGHZ 66, 250, 255; Urt. v. 11.11.2008, VIII ZR 265/07, NJW 2009, 580; BGH, Urt. v. 10.1.1984, VI ZR 64/82, NJW 1984, 799). [...]

Da also kein gültiges Schuldanerkenntnis der Frau am Steuer des BMWs vorliege, fehle es dem Gericht aber an dem ordentlichen Nachweis, um ihr - gewissermaßen in Umkehr der Beweislast - die volle Schuld an dem Zustandekommen des Unfalls zuzumessen.

Themenindex:
Verkehrsunfall, Schuldanerkenntnis

Gericht:
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 01.03.2011 - 4 U 370/10

Quelle: Deutsche Anwaltshotline
Redaktion Rechtsindex
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