Weichen die Verbrauchswerte eines Neuwagens um weniger als 10% von der Herstellerangabe ab, stellt dies nur eine unerhebliche Pflichtverletzung dar und berechtigt nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Kohlendioxidemission ist neben erhöhtem Kraftstoffverbrauch kein gesonderter Fahrzeugmangel.

Der Sachverhalt

Rechtsindex weist auf ein Urteil hin, wonach ein Autokäufer keinen Anspruch auf Rückabwicklung wegen Kraftstoffmehrverbrauch hatte. Der betroffene Autokäufer bezog sich auf ein Datenblatt des Herstellers, in dem der Kraftstoffverbrauch von 7,1 Liter auf 100 Kilometer im kombinierten Betrieb angegeben war. Tatsächlich verbrauchte das Auto aber 7,7 Liter auf 100km.

Die Entscheidung

Die Angabe im Datenblatt bezog sich nicht auf das konkret erworbene Einzelfahrzeug in der Fahrweise des individuellen Käufers, sondern wurde unter Laborbedingungen festgestellt. Im Datenblatt heißt es unmissverständlich:

"Die angegebenen Werte wurden nach den vorgeschriebenen Messverfahren (RL 80/1268/EWG in der gegenwärtig geltenden Fassung) ermittelt. Die Angaben beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen den verschiedenen Fahrzeugtypen."

Dieser Hinweis ist nach der Pkw-Energieverbrauchskennzeichungsverordnung (Pkw-EnVKV) zulässig und dient der Vorbeugung vor Missverständnissen und der Umsetzung der Richtlinie 1999/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und Kohlendioxidemissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen. Der Verbraucher kann somit Fahrzeuge mit den gleichen Prüfbedingungen untereinander vergleichen.

Die Angaben beziehen sich also auf ein der Serie zuzuordnendes allgemeines Labor-Prüffahrzeug, das den bestimmten Messbedingungen laut EG-Richtlinien unterliegt, nicht aber dem alltäglichen Fahrbetrieb. Der angegebene Verbrauchswert muss somit nicht unbedingt von dem konkreten Fahrzeugkäufer in seiner eigenen Fahrpraxis außerhalb des Labors erreicht werden.

Mehrverbrauch unter 10% ist eine unerhebliche Pflichtverletzung

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger kein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag zu. Auch wenn das vom Kläger erworbene Fahrzeug im kombinierten Betrieb 7,7 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer verbraucht, beläuft sich der Mehrverbrauch auf lediglich 8,45%. Eine solche Abweichung stellt zwar einen Fahrzeugmangel dar, berechtigt den Käufer jedoch nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es eine nur unerhebliche Pflichtverletzung, wenn der Kraftstoffverbrauch eines verkauften Neufahrzeugs um weniger als 10 % von den Herstellerangaben abweicht (BGH, Beschluss vom 5. August 2007 – VIII ZR 19/05).

Erhöhte Kohlendioxidemission kein gesonderter Mangel

Auch die erhöhte Kohlendioxidemission (anstatt 169 g/km waren es 178 g/km) stellt keinen vom Kraftstoffmehrverbrauch gesonderten Mangel dar. Beides geht vielmehr, wie das Gericht erläutert, technisch und mathematisch Hand in Hand. Der Kraftstoffverbrauch wird dadurch ermittelt, dass allein die Abgase aufgefangen und analysiert werden. Ein höherer Kohlendioxidanteil führt also zwingend zu höheren Verbrauchswerten.

Themenindex:
Neuwagen, Sachmangel, Kraftstoffmehrverbrauch, Kohlendioxidemission

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 09.06.2011 - I-28 U 12/11

Quelle: www.rechtsindex.de (Ka)
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