Ein Kreditkarteninhaber überlässt seine Karte einem Dritten zur eigennützigen Verwendung. Was ist, wenn der Dritte die Kreditkarte nach dem Tode des Kreditkarteninhabers weiterhin benutzt? Sind die Tatbestände einer Untreue zum Nachteil der Erben erfüllt?

Der Sachverhalt

Die heute 57 Jahre alte Angeklagte betreute den Haushalt eines vermögenden Bewohners. Dieser überließ ihr im September 2012 seine Kreditkarte zur freien Nutzung, also für eigene Zwecke. Die Karte hatte eine Verfügungsrahmen von 5.000 Euro/Monat.

Nach dem Tode ihres Arbeitgebers und in der Kenntnis, nicht zu seiner Erbin berufen zu sein, tätigte die Angeklagte mit der Kreditkarte noch 22 Umsätze im Umfang von ca. 4.500 Euro. Das Amts- und - in der Berufungsinstanz - das Landgericht Siegen verurteilten die Angeklagte aufgrund dieses Geschehens wegen Untreue zu einer Geldstrafe 600 Euro, weil sie - so die Begründung - die Kreditkarte zum Nachteil der Erben des verstorbenen Arbeitgebers missbraucht habe.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 1 RVs 15/15)

Die gegen die Verurteilung eingelegte Revision der Angeklagten war erfolgreich. Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 1 RVs 15/15) hat die Angeklagte freigesprochen. Die Tatbestände einer Untreue seien nicht erfüllt, weil die Angeklagte weder gegenüber dem Verstorbenen noch gegenüber den Erben eine für eine Untreuestrafbarkeit aber erforderliche Vermögensbetreuungspflicht gehabt habe.

Eine strafrechtlich relevante Vermögensbetreuungspflicht treffe einen Täter dann, wenn er fremde Vermögensinteressen von einiger Bedeutung zu wahren habe. Insoweit sei bedeutsam, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge eine Hauptpflicht der Rechtsbeziehung bilde und ob der Verpflichtete eigenverantwortlich entscheiden dürfe. Sein bloßer Bezug zu fremden Vermögensinteressen genüge nicht. Nur einen solchen Bezug zu den Vermögensinteressen der Erben, nicht aber eine strafrechtlich relevante Vermögensbetreuungspflicht, habe die Angeklagte gehabt, als sie nach dem Tode des Arbeitgebers mit Hilfe der Kreditkarte weitere Umsätze getätigt habe. Ihr sei die Kreditkarte zur eigennützigen Verwendung mit einem schon im Kreditkartenverhältnis begrenzten monatlichen Verfügungsrahmen überlassen worden.

Die Angeklagte sei auch nicht wegen Betruges oder wegen einer Unterschlagung zu bestrafen. Die Händler, bei denen die Angeklagte unter Vorlage der Kreditkarte eingekauft habe, seien nicht getäuscht worden. Die Kreditkarte selbst habe die Angeklagte auch nicht unterschlagen. Unter Aufhebung des Berufungsurteils des Landgerichts Siegen wird die Angeklagte freigesprochen.

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 12.03.2015 - 1 RVs 15/15

OLG Hamm, PM
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