Wer wider besseres Wissen behauptet, ein Polizist wäre im Dienst alkoholisiert gewesen, macht sich der üblen Nachrede strafbar. So hat das Amtsgericht Backnang entschieden und glaubte den Zeugen mehr als dem Angeklagten, der sich mit einem Missverständnis herauszureden versuchte.

Der Sachverhalt

Wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung wurde einem Lehrer ein Bußgeldbescheid in Höhe von 160 Euro zugestellt, informiert die Deutsche Anwaltshotline. Die 160 Euro wollte er aber nicht zahlen, denn sein altes Auto sei gar nicht in der Lage, so schnell zu fahren, wie die Polizei gemessen haben will.

Außerdem sei einer der eingesetzten Polizeibeamten alkoholisiert gewesen. Denn, so behauptet der vermeintliche Verkehrssünder, sein Atem habe auffällig nach Alkohol gerochen. Das behauptete er sowohl in einem Telefongespräch mit einer Sachbearbeiterin der Bußgeldstelle als auch in einem mit dem Kollegen des angeblich betrunkenen Polizeibeamten.

Vor dem Amtsgericht Backnang (2 Cs 96 Js 69894/13) musste sich der Hochschullehrer wegen übler Nachrede verantworten. Er habe bewusst falsche Tatsachen behauptet, indem er dem Beamten Trunkenheit im Dienst vorwarf. Das konnten sowohl die Sachbearbeiterin als auch der Kollege unabhängig voneinander bestätigen.

Der Lehrer aber möchte das so nicht gesagt haben - die Zeugen hätten ihn falsch verstanden. Vielmehr habe er gegenüber beiden Zeugen lediglich erklärt, er sei froh, dass er am Tag der Verkehrskontrolle nichts getrunken habe. Dass man im Straßenverkehr keinen Alkohol trinke, müsse für jeden Beamten gelten. Hiermit habe er auf seine Anstellung als Hochschullehrer anspielen wollen. Die Zeugen hätten dies wohl missverstanden. Und so eine Aussage sei ja wohl durch die Meinungsfreiheit gedeckt.

Das Urteil des Amtsgerichts Backnang (2 Cs 96 Js 69894/13)

Durch die Tat hat sich der Angeklagte der üblen Nachrede schuldig gemacht. Die von ihm behauptete Tatsache, der Polizist habe nach Alkoholkonsum seinen Dienst versehen, ist ersichtlich ehrenrührig. Von einem Polizeibeamten wird erwartet, dass er vor oder während des Dienstes keinerlei Alkohol zu sich nimmt, damit er den vielfältigen und schwierigen Aufgaben, die sein Amt mit sich bringt, pflichtgemäß nachkommen kann. Die Unterstellung, der Polizist habe gegen diese selbstverständliche Pflicht verstoßen, ist offenkundig geeignet, ihn verächtlich zu machen.

Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Verteidigung, wonach die Äußerung des Angeklagten von Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt sei. Dabei wurde nicht verkannt, dass es im sogenannten "Kampf ums Recht" verfassungsrechtlich erlaubt sein kann, zur plastischen Darstellung der eigenen Position auch starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen, so das Gericht.

Ob eine geäußerte - auch bewusst scharfe oder überspritzte - Kritik auch hätte anders formuliert werden können ist nicht von Relevanz, da auch die Form der Meinungsäußerung grundsätzlich der durch Artikel 5 Abs. 1 GG geschützten Selbstbestimmung unterliegt (so schon BVerfGE 54, 129). Bei der vom Angeklagten getätigten Äußerung handelt es sich aber nicht um ein Werturteil, sondern um die bewusste Behauptung einer unwahren Tatsache.

Das Amtsgericht Backnag verurteilte den Hochschullehrer zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100 Euro.

Rechtsgrundlagen:
§§ 186, 194 StGB

Gericht:
Amtsgericht Backnang, Urteil vom 01.07.2014 - 2 Cs 96 Js 69894/13 (2)

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