Der Gewaltschutz ist ein Instrument der Zivilgerichte um Opfer von Misshandlung, Körperverletzung und Stalking nachhaltig zu schützen. Doch wer kann Hilfe durch Gewaltschutz erlangen, wie bekommt man diesen und welche Schutzmöglichkeiten gibt es?

Was ist Gewaltschutz?

Der Gewaltschutz ist anders als bei Ermittlungen und Maßnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft ein Instrument der Zivilgerichte um Opfer von Misshandlung, Körperverletzung und Stalking nachhaltig zu schützen.

Mithilfe des Gewaltschutzes können sämtliche denkbare Schutzanordnungen durch ein Gericht getroffen werden wie etwa Kontakt- und Näherungsverbote oder sogar eine Wohnungszuweisung.

Wer kann Hilfe durch Gewaltschutz erlangen?

Der Gewaltschutz gilt für jeden der Opfer von Gewalt oder Gewalttäter geworden ist. Es muss keine besondere Beziehung zwischen Täter und Opfer bestehen d.h. das Gewaltschutz gilt für jeden Menschen egal ob verheiratet in einer Beziehung oder nicht.

Wann greift der Gewaltschutz?

Derjenige, der den Gewaltschutz in Anspruch nehmen will, muss Opfer einer Körperverletzung, Gesundheitsverletzung, Freiheitsverletzung oder einer ähnlichen (gleichgestellten) Verletzung geworden sein:

  • Körperverletzung ist jeder Eingriff in die körperliche Befindlichkeit also eine Störung körperlicher seelischer oder geistiger Art.
  • Gesundheitsverletzung ist jede physische aber auch jede psychische Verletzung oder Erkrankung.
  • Freiheitsverletzung bedeutet Entziehung der körperlichen Bewegungsfreiheit durch Einsperren oder Nötigung.
  • Gleichgestellte Verletzungen sind Drohung, Eindringen in die Wohnung und Belästigung:

Drohen meint das Inaussichtstellen von Verletzungen des Körpers der Gesundheit oder der Freiheit. Dies kann schlüssig oder versteckt erfolgen.

Eindringen meint jedes eindringen in die Wohnung oder das Besitzutum des Geschädigten z.b. schon der umzäunte Garten oder der Hofraum

Belästigung ist jedes Verhalten durch unzumutbares und wiederholtes Nachstellen (persönlicher Kontakt) oder Verfolgen mit Fernkommunikationsmitteln (Telefon, Mail, Internet). Hierzu gehört jegliches Verfolgen, Überwachen oder Beobachten des Opfers, häufige Anwesenheit des Täters, unerwünschte Versuche körperlicher oder verbaler Kontaktaufnahme, wiederholtes Anrufen oder Senden von Mails, Briefen oder Faxen.

Wie bekomme ich Gewaltschutz?

Gewaltschutz gibt es nur auf Antrag und nur bei Gericht. Zwar kann das Opfer von Gewalt die Polizei informieren, die dann eine Strafanzeige und ggf. polizeiliche Maßnahmen wie ein kurzzeitiges Kontaktverbot oder eine kurzzeitige Ingewahrsamnahme ergreifen kann, von Dauer sind diese Maßnahmen aber nicht.

Nur ein Gericht kann Anordnungen treffen, die das Opfer von Gewalt auf Dauer vor dem Täter schützen. Zwar kann das Opfer von Gewalt einen solchen Antrag auch ohne Anwalt bei Gericht einreichen, doch ist es zum einen schon aus Gründen der Erfahrung und Kompetenz aber auch aus faktischen Gründen ratsam einen Anwalt hierzu zu beauftragen, da der Laie nicht auch noch mit den Schwierigkeiten und Formalitäten eines juristischen Verfahrens behelligt werden sollte. Die Kosten müssen ohnehin in der Regel vom Täter getragen werden und selbstverständlich können Opfer in finanziell schwieriger Situation kostenlose Verfahrenskostenhilfe beanspruchen!

Welche Schutzmöglichkeiten gibt es?

Gerichte haben im Rahmen des Gewaltschutzes einen sehr weiten Spielraum, wobei sie aber strikt an den Antrag des Opfers gebunden sind (daher unbedingt immer einen Anwalt zu Rate ziehen).

Die rechtliche Bandbreite reicht von Betretungsverboten der Wohnung des Opfers aber auch der Möglichkeit eine sog. Bannmeile zu beschließen, sodass der Täter sich dem Opfer in einem bestimmten Umkreis um die Wohnung nicht nähern darf.

Darüber hinaus kann das Gericht ein Aufenthaltsverbot aussprechen sodass sich der Täter an Orten die das Opfer regelmäßig aufsucht nicht aufhalten darf. Dies kann die Arbeitsstelle aber auch der Kindergarten des Kindes des Opfers oder aber auch das Stammlokal sein!

Weiter gibt es die Möglichkeit des Kontaktverbotes sodass der Täter keinerlei Kontakt mehr mit dem Opfer aufnehmen darf, werde persönlich noch durch Fernkommunikationsmittel wie Internet Telefon und e-Mail.

Das Gericht kann auch ein Verbot des Zusammentreffens beschließen, sodass sich der Täter bei einem zufälligen Zusammentreffen aus eigenem Antrieb sofort zu entfernen hat.

Darüber hinaus kann das Gericht bei einer gemeinsam genutzten Wohnung das alleinige Wohnrecht dem Opfer zusprechen, sodass der Täter die Wohnung nicht mehr nutzen darf. Der Täter muss sich sofort an die vom Gericht getroffenen Anordnungen halten.

In einem solchen gerichtlichen Beschluss wird dem Täter zugleich angedroht, dass er im Fall des Verstoßes gegen die oben genannten Maßnahmen ein Zwangsgeld bis zu 250.000 € zu zahlen hat und für den Fall der Nichtzahlung des Zwangsgeldes auch in Haft genommen werden kann.

Wie schnell bekomme ich gerichtlichen Schutz gegen Gewalt?

Würde man die verletzten oder bedrohten Personen auf ein übliches Gerichtsverfahren, in welchem insbesondere eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, verweisen, könnte kein effektiver Rechtsschutz gewährt werden. Der Täter wäre in jedem Fall schneller. Deshalb hat der Gesetzgeber dem Opfer die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes gewährt, sodass das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Regelung zum dem Gewaltschutz treffen kann.

Die Voraussetzungen für das Vorliegen für den Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung hat der Antragsteller zu begründen, und die Voraussetzungen für die Anordnung hat er glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bedeutet, dass der Antragsteller nicht den Beweis zu erbringen hat, es genügt als geringerer Grad der Beweisführung der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Diesen kann der Antragsteller auf verschiedene Weise erbringen. Die bekannteste ist die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Die Glaubhaftmachung wird sehr unterstützt durch die Vorlage von ärztlichen Attesten über Verletzungen, die Vorlage von Abschriften von gegenüber der Polizei abgegebenen Anzeigen, Vorlage von Zeugenaussagen Dritter, z.B. von Nachbarn oder aber auch vorangegangener polizeilicher Maßnahmen und Einsaätze, aber auch durch Stellung einer entsprechenden Strafanzeige etc. Regelmäßig bestimmt das Gericht, dass eine einstweilige Anordnung nur eine zeitlich begrenzte Wirkung hat. In der Praxis beträgt der Zeitraum der Wirksamkeit im Regelfall sechs Monate.

Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung

Wenn ein Gericht eine Gewaltschutzanordnung getroffen hat, muss diese dem Täter durch den Gerichtsvollzieher zugestellt werden, wobei eine Vollstreckung auch schon vor Zustellung möglich ist, wenn dies das Gericht so anordnet.

Zum Glück kann festgestellt werden, dass der gerichtliche Ausspruch, die gerichtliche Anordnung - auch wenn sie nur auf schriftlichem Wege erfolgt - von der Mehrzahl der Täter befolgt wird.

Wenn aber tatsächlich vollstreckt werden muss, weil sich der Täter nicht an die gerichtliche Anordnung hält, kann dies durch unmittelbaren Zwang, das heißt durch Ordnungsgeld oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten erfolgen. Wenn der Täter einer Gewaltschutzanordnung zuwiderhandelt - egal ob absichtlich oder versehentlich - kann zur Durchsetzung des Gewaltschutzes der Gerichtsvollzieher oder die Polizei gerufen werden. Jede Zuwiderhandlung gegen eine Gewaltschutzanordnung stellt zugleich auch eine Straftat dar, die darüber hinaus mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden kann!

Welche Rechtsmittel gibt es gegen eine Gewaltschutzanordnung?

Gegen eine einstweilige Anordnung gibt es nur die Möglichkeit der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung im sog. Hauptsacheverfahren. Das bedeutet das wenn eine Gewaltschutzanordnung im Wege der einstweiligen Anordnung ergangen ist, dies zunächst vorläufiger Natur ist, es sei denn der Täter möchte hiergegen vorgehen. Tut er dies, wird das Gericht einen mündlichen Verhandlungstermin anberaumen, in welchem auch der Täter gehört wird. Da die einstweilige Anordnung nur vorläufiger Natur ist gibt es auch die Möglichkeit eines Hauptsacheverfahrens, wo das Gericht mehr Zeit hat den Sachverhalt eingehend zu prüfen und ggf. anders zu entscheiden.

Gegen eine Entscheidung im Hauptsachverfahren ist nur noch die Beschwerde zum Oberlandesgericht möglich. Das bedeutet, dass ein höheres Gericht über den Beschluss des ersten Gerichtes nochmal entscheidet. Weitere Rechtsmittel gibt es aber nicht.

Autor: Alexander Stephens, Rechtsanwalt

RA Stephens ist langjähriger Strafrechtler, der neben seiner Tätigkeit als Anwalt auch an der Universität Strafrecht unterrichtet und durch seine enge strafrechtliche Spezialisierung den Mandanten optimale Leistungen und eine bestmögliche strafrechtliche Vertretung garantieren kann. Unsere Kanzlei setzt sich vom ersten Tag der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen für unsere Mandanten ein und erzielt dadurch regelmäßig außergewöhnlich gute Ergebnisse.

Rechtsanwälte
Stephens & Perperidis
Nymphenburger Höfe
Nymphenburgerstr. 6f
80335 München
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