Auch ohne besondere Verhaltensauffälligkeiten eines Hundes ist der Hundehalter verpflichtet, diesen bei Annäherung an eine nicht einsehbare Wegkreuzung in seinem unmittelbaren Einflussbereich zu halten.

Der Sachverhalt

Die angeklagte Hundehalterin ließ ihre beiden Hunde in einem Waldstück frei laufen, obwohl sie sich eine Wegekreuzung näherte, die sie nicht einsehen konnte. Da in diesem Waldstück viele Hunde ausgeführt werden, habe sie gewusst, dass eine Hundebegegnung zwischen einem angeleinten und freilaufenden Hunden häufig mit Schwierigkeiten verbunden sei und es dann zu einer Beißerei zwischen den Hunden kommen könne. Tatsächlich kam es zu solch einer Beißerei und bei dem Versuch die Hunde zu trennen, wurde die Geschädigte von einem der Hunde in die Hand gebissen. Dadurch erlitt sie eine ca. 1 cm große Bissverletzung an der Hand.

Das Amtsgericht - Strafrichter - in Darmstadt hat die angeklagte Hundehalterin wegen fahrlässiger Körperverletzung verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen in Höhe von je 50.- € vorbehalten. Die hiergegen gerichtete Berufung der Angeklagten hat das Landgericht Darmstadt verworfen. Vor dem OLG Frankfurt rügt die Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

Die Entscheidung

Ein Hundehalter ist verpflichtet, den Hund zu überwachen und so abzusichern, dass Verletzungen oder Schädigungen Dritter verhindert werden. Die im Einzelfall notwendigen Vorkehrungen richten sich danach, welche Anforderungen in der konkreten Situation im Rahmen des Zumutbaren an einen umsichtigen und vorsichtigen Hundehalter zu stellen sind (vgl. BayObLG NJW 1991, 1695; 1993, 2001).

Außerhalb eines eingefriedeten Grundstücks ist ein Hundehalter nicht ausnahmslos verpflichtet, sein Tier an die Leine zu legen. Lässt man jedoch seinen Hund freilaufen, ist Voraussetzung, dass der Hundeführer durch Befehle oder Zeichen auf den Hund und sein Verhalten hinreichend einwirken kann. Dies ist bei einem unbeaufsichtigt herumlaufenden Hund, der die Nähe des Hundeführers verlassen und seinem Blick entschwunden ist, regelmäßig nicht der Fall (vgl. BayObLG, NJW 1987,1094).

Das Gericht sieht daher das pflichtwidrige Verhalten der Angeklagten zutreffend darin, ihre Hunde frei laufen gelassen und die Hunde nicht bei Annäherung an die Kreuzung zu sich in die Nähe gerufen zu haben. Erst wenn sie sicher sein konnte, dass auf dem kreuzenden Waldweg kein Spaziergänger mit angeleintem Hund entgegenkommen würde, hätte sie die Hunde wieder aus ihren unmittelbaren Einflussbereich entlassen dürfen.

Ein unbeaufsichtigter Hund ist, auch wenn er als folgsam und gutartig anzusehen ist, nach allgemeiner Erfahrung immer eine potentielle Gefahrenquelle auf Wegen aller Art (vgl. BayObLG NJW 1987, 1094). Feststellungen zur bisherigen Führung und Wesensart des Hundes sind daher in diesem Fall entbehrlich. Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs auf die Sachrüge hin lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen.

Themenindex:
Hundehalterhaftung

Gericht:
OLG Frankfurt, Urteil vom 11.04.2011 - 2 Ss 362/10

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