Der Bundesfinanzhof hat durch Urteil (Az. III R 9/14) entschieden, dass für ein volljähriges Kind unter 21 Jahren, das als arbeitsuchend gemeldet ist und einer selbständigen Tätigkeit nachgeht, Kindergeld beansprucht werden kann, sofern diese Tätigkeit weniger als 15 Wochenstunden umfasst.

Der Sachverhalt

Die Klägerin bezog im Zeitraum November 2005 bis Juli 2006 Kindergeld für ihre Tochter, die als Kosmetikerin selbständig tätig war. Aus dieser Tätigkeit erklärte die Tochter gewerbliche Einkünfte für die Zeit vom 1. November bis zum 31. Dezember 2005 in Höhe von minus 762 EUR und für den Zeitraum vom 1. Januar bis 16. August 2006 in Höhe von 1.732 EUR, die sich aus einem laufenden Gewinn von 832 EUR und einem Veräußerungsgewinn aus Warenverkauf in Höhe von 900 EUR zusammensetzten.

Als die Familienkasse hiervon erfuhr, hob sie die Festsetzung auf und forderte das Kindergeld (1.386 EUR) zurück. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, für die Tochter könne kein Kindergeld nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beansprucht werden, weil sie infolge ihrer gewerblichen Tätigkeit in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. III R 9/14)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Streitsache an das Finanzgericht (FG) zurück, da er nicht abschließend prüfen konnte, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch erfüllt waren.

Für ein volljähriges Kind, das noch nicht 21 Jahre alt ist, kann Kindergeld (u.a.) dann beansprucht werden, wenn es nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und als arbeitsuchend gemeldet ist. Nach Ansicht des BFH ist der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses sozialrechtlich zu verstehen, und zwar im Sinne von "beschäftigungslos" nach § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III a.F.; jetzt § 138 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB III).

Hiernach schließt die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit von weniger als 15 Wochenstunden die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wobei Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben. Auf die Höhe der Einkünfte kommt es nicht an. Insbesondere ist die für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis nach §§ 8, 8a Sozialgesetzbuch Viertes Buch maßgebliche Grenze von 400 € (nunmehr 450 €) ohne Bedeutung.

Gericht:
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.12.2014 - III R 9/14

BFH, PM Nr. 34/2015
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