Ein islamisch-salafistischer Verein, der eine Moschee betreibt und nach seiner Satzung u.a. die Förderung der Religion bezweckt, kann auch dann als gemeinnützig anzuerkennen sein, wenn er im Verfassungsschutzbericht zwar erwähnt, aber nicht ausdrücklich als extremistisch eingestuft wird.

Mit Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts bestätigt, das einen islamisch-salafistischen Verein für das Jahr 2008 als gemeinnützig anerkannt hatte. Der Verein betrieb eine Moschee und bezweckte nach seiner Satzung u.a. die Förderung der Religion.

Der Sachverhalt

Das Finanzamt hatte dem Verein für das Jahr 2008 die Gemeinnützigkeit aberkannt, weil er in einem Landesverfassungsschutzbericht für jenes Jahr wegen Einbindung in demokratiefeindliche salafistische Netzwerke erwähnt worden war. Es stütze sich dabei auf eine im Jahr 2009 eingeführte gesetzliche Vermutung, nach der bei Körperschaften, die in einem Bundes- oder Landesverfassungsschutzbericht "als extremistische Organisation aufgeführt" sind, davon auszugehen ist, dass sie die Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllen.

Die Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass diese gesetzliche Vermutung nur eingreift, wenn die betreffende Organisation in dem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch eingestuft wird, was hier nicht der Fall war. Konkrete Belege für extremistische Aktivitäten des Vereins im Jahr 2008 konnte das Finanzgericht nicht feststellen, so dass für jenen Veranlagungszeitraum keine Grundlage für einen Entzug der Gemeinnützigkeit bestand.

Gericht:
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.04. 2012 - I R 11/11

BFH, PM Nr. 47 vom 20. Juni 2012
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