Nach dem Urteil des FG Köln können Kosten für die Abschirmung einer Eigentumswohnung vor Hochfrequenzimmissionen als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer abgezogen werden.

Der Sachverhalt

Die Klägerin litt seit 3 Jahren zunehmend unter Migräne und Tinnitus. Eine Ärztin diagnostizierte ihr insoweit eine ausgeprägte Elektrosensibilität. Bereits in ihrer vorherigen Mietwohnung, führte die Klägerin Abschirmmaßnahmen durch. Dadurch verschwanden die Beschwerden schlagartig. Die Klägerin bezog nun eine Eigentumswohnung. Insoweit sei es medizinisch notwendig, auch in der neu angeschafften Wohnung Abschirmmaßnahmen gegen Elektrosmog durchzuführen.

Die Klägerin bauftragte einen Gutachter eines Ingenieurbüros für Baubiologie und Umwelttechnik. Dieser stellte fest, dass die gemessenen Immissionen von Mobilfunk-Basisstationen in die Kategorie "stark auffällig" fielen. Aus baubiologischer Sicht sei dies nicht mehr zu akzeptieren. Es bestehe Handlungsbedarf. Sanierungen sollten bald durchgeführt werden. Empfohlen wurde insofern die Ausstattung der äußeren Gebäudehülle mit einer Hochfrequenzabschirmung. Darüber hinaus sollten auch im Gebäude interne Abschirmungen im Bodenbereich eingebracht werden, um Hochfrequenzimmissionen aus den darunter liegenden Wohnungen von Geräten wie Radio, Fernsehen und Mobilfunk abzuschirmen. Die Klägerin machte bei ihrer Steuererklärung Aufwendungen in Höhe von 17.075 Euro für die Anbringung dieser Hochfrequenzabschirmung zum Schutz ihrer Eigentumswohnung vor Radio-, Fernseh- und Mobilfunkwellen geltend.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung dieser Kosten als außergewöhnliche Belastungen ab, da kein amtsärztliches Gutachten über die Notwendigkeit der Maßnahme vorgelegt worden sei und es sich allenfalls um eine vorbeugende Maßnahme handele.

Die Entscheidung

Dies sah der 10. Senat des Finanzgerichts Köln anders und ließ den Abzug als Krankheitskosten zu. Zwangsläufig und damit steuerlich absetzbar seien nämlich nicht nur medizinisch unbedingt notwendige Aufwendungen im Sinne einer Mindestversorgung. Vielmehr fielen hierunter die Kosten aller diagnostischen oder therapeutischen Verfahren, deren Anwendung im Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt sei.

Aus dem Urteil: [...] Aufgrund der Tatsache, dass der BFH in seiner Entscheidung vom 11. November 2010 (VI R 17/09, BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969) ausdrücklich klargestellt hat, dass als zwangsläufig i.S. des § 33 FGG nicht nur das medizinisch Notwendige im Sinne einer Mindestversorgung anzusehen sei, sondern jedes diagnostische oder therapeutische Verfahren, dessen Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt ist, kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerin durchgeführten Umbaumaßnahmen als zwangsläufig in diesem Sinne anzusehen sind. Aufgrund der vorgelegten Gutachten geht der Senat davon aus, dass die Umbaumaßnahmen jedenfalls noch „hinreichend gerechtfertigt" waren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Berufung des Beklagten auf die Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2007 (2 K 1047/05, EFG 2007, 929). Soweit diese Entscheidung darauf abstellt, dass Abschirmmaßnahmen gegen Mobilfunkwellen keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen, wenn ihre Ursächlichkeit nicht durch ein amtsärztliches Gutachten nachgewiesen wird, so ist diese Rechtsprechung durch die geänderte Rspr. des BFH obsolet geworden. Dass der Senat des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz darüberhinaus entscheidend darauf abgestellt hat, dass das Einhalten von Grenzwerten indiziere, dass keine Gesundheitsgefährdung durch Mobilfunkwellen vorliege, so vermag der Senat für den vorliegenden Fall hieraus nichts abzuleiten. Unabhängig von der Frage, ob Grenzwerte eingehalten wurden, sieht der Senat die von der Klägerin durchgeführten Maßnahmen als hinreichend gerechtfertigt an. Der Senat interpretiert den BFH insoweit dahingehend, dass ein eher weiter Maßstab bezüglich der Frage der medizinischen Indikation anzuwenden ist. [...]

Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Baumaßnahme reichten dem Gericht ein ärztliches Privatgutachten über die ausgeprägte Elektrosensibilität der Klägerin und das Gutachten eines Ingenieurs für Baubiologie über "stark auffällige" Hochfrequenzimmissionen im Rohbau der Eigentumswohnung aus.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof gegen sein Urteil nicht zugelassen.

Themenindex:
Mobilfunkstrahlung, Hochfrequenzimmissionen, Elektrosmog

Gericht:
Finanzgericht Köln, Urteil vom 08.03.2012 - 10 K 290/11

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